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Pfarrer Leo Schüssele

Lesedauer: 3 Minuten

Priester, Chronist und Familienforscher

Früher kam dem Bürgermeister, dem Lehrer und dem Pfarrer im Dorf eine weit bedeutendere Rolle zu als heute. Viele Pfarrer entpuppten sich als Heimat- und Familienforscher, wobei ihnen das Kirchenarchiv eine große Stütze war. Die Kirchenbücher waren früher und sind auch heute noch wahre Fundgruben. Zumal es auch Pfarrer gab, die in den Kirchenbüchern ganze Kurzgeschichten erzählten.

Dieses Foto wurde im Juni 1908 aus Anlass der Primiz von Neupriester Leo Schüssele in der Schweighausener Pfarrkirche gemacht.
Einer dieser Pfarrer, der sich nicht nur der Seelsorge widmete, sondern auch der Familien- und Heimatforschung widmete, war zweifelsohne Leo Schüssele (1885 bis 1947). Er wurde am 16. April 1885 als ältester Sohn einer Taglöhner-Familie in Dörlinbach geboren. Schüssele besuchte die Lenderschen Heimschule in Sasbach und studierte katholische Theologie in Freiburg. Am 1. Juli 1908 wurde Leo Schüssele zum Priester geweiht.
Leo Schüssele, Pfarrer und Familienforscher (1885 bis 1947). Geboren und aufgewachsen in Dörlinbach. Zuletzt Pfarrer in Gütenbach.
Der Grabstein von Pfarrer Leo Schüssele wurde inzwischen versetzt und befindet sich nun der Gedenkstätte für Vermisste und Gefallene bei der Einsegnungshalle.
Schüsseles Primizfeier fand in der Pfarrkirche in Schweighausen statt. Darüber ist viel überliefert, da die Ereignisse rund um die Primizfeier des Neupriesters von einem Pfarrerkollegen schriftlich festgehalten wurden. In seiner Pfarrer-Chronik schreibt Schweighausens Ortspfarrer Peter Sauer, dass er tags darauf mit Neupriester Leo Schüssele beim Empfang von Erzbischof Thomas Nörber war. Mit Schnellzug ging es nach Dinglingen. Von dort per Straßenbahn nach Seelbach, wo sie vom Dörlinbacher Gemeinderat empfangen wurden. Mit dabei auch der Radfahrverein „Schutterbund“ Dörlinbach. In den Tagen darauf wurde der Ort herausgeputzt. Triumphbögen errichteten die Dörlinbacher unter anderem in Höfen, inmitten des Dorfes und in der Hub an der Brücke zum Elternhaus. Zudem wurden alle Häuser mit Kränzen und Girlanden geschmückt.

Spalier vom Pfarrhaus bis zur Kirche

Am Sonntag, 5. Juli 1908, wurde schließlich das Fest, an dem zahlreiche Gläubige aus dem oberen Schuttertal teilnahmen, durch Böller-Schüsse eröffnet. Pfarrer Sauer schreibt, dass Mitglieder der Militärvereine Schweighausen und Dörlinbach und auch die „Fahrradler“ von Dörlinbach vom Pfarrhaus bis zur Kirche Spalier standen. Am darauffolgenden Tag zelebrierte Neupriester Leo Schüssele zum ersten Mal in der Dörlinbacher Dreifaltigkeitskapelle, dem romanischen Kirchlein, das 1922 abgerissen wurde, eine Messe in seinem Heimatort. Zu Schüsseles weiteren Werdegang: Im Ende Juli 1908 kam er als Vikar nach Zell am Harmersbach. Weitere Stationen waren Kirchen-Hausen und Freiburg. Mitte Oktober 1915 wurde er Kaplanverweser in Waldshut und Mitte Juni 1920 Pfarrverweser in Schwörstadt am Hochrhein. Im Mai 1922 übernahm Leo Schüssele die Pfarrei Gütenbach, wo er bis zu seinem Tode am 22. Oktober 1947 wirkte. Drei Tage später wurde er unter großer Anteilnahme aus Dörlinbach, Schweighausen, Schuttertal und auch aus Gütenbach auf dem Heimatfriedhof in Dörlinbach beigesetzt.

Blieb immer der Geschichtsforschung treu

Auch in der Fremde war Leo Schüssele der Geschichtsforschung treu geblieben. Er widmete sich unter anderem der Haus- und Hofgeschichte in Gütenbach. Aber auch der Ahnenforschung sowie der Auswertung der Dörlinbacher und Schweighausener Kirchenbücher. Die bis in das Jahr 1642 zurückreichenden Personaldaten fasste Schüssele in einem nach Familien aufgeschlüsselten Sippenbuch zusammen. Dies war zugleich eine große Hilfe für das 1995 erschienene Dörlinbacher Heimat- und Sippenbuch. Schüssels Grabstein wurde im Zuge der Neugestaltung des Friedhofs umgesetzt und befindet sich nun neben der neuen Gedenkstätte für Vermisste und Gefallene der letzten beiden Weltkriege im Übergangsbereich zwischen Einsegnungshalle und Friedhof. Der Spruch auf dem Stein „Der gute Hirte gibt sein Leben für seine Schafe“ ist übrigens dem Johannes-Evangelium nachempfunden.

Veröffentlicht am 13. März 2021 / red

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