Das Gesicht der Post
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Begegnungen über Grenzen hinweg
„Trara, die Post ist da! Von weitem hört man schon den Ton, sein Liedchen bläst der Postillion …“ – diese Zeilen aus dem beliebten Volkslied, verfasst von Johann Rudolf Sigismund Löwenstein (1819 bis 1891) im Jahre 1846, lassen uns eine Zeit erahnen, die heutzutage kaum mehr vorstellbar ist. Es war eine Epoche, in der Briefe Wochen brauchten, um ihre Empfänger zu erreichen. Umso größer war die Freude, wenn endlich ein langersehnter Brief oder ein Paket ankam.

Im Herzen Dörlinbachs, gleich neben dem Rathaus, war der Postschaffner Franz Xaver Kempf zwischen 1907 und 1930 für die tägliche Zustellung zuständig. Mit seiner Kariolpost beförderte er Postsendungen und Reisende ins obere Schuttertal. Die Posthilfestelle, die er bediente, befindet sich noch heute an der Hauptdurchgangsstraße, wo Bürgerinnen und Bürger bis heute Briefe und Pakete aufgeben können.
Die Anfänge der Posthilfestelle gehen auf Anton Faißt (1880 bis 1918), einen Maurer, und seine Frau Thekla, eine geborene Schätzle (1882 bis 1955) zurück, die in der Zeit von 1880 bis 1918 die Postgeschäfte führten. Ihre Familie erlebte Höhen und Tiefen, während sie im Dienste der Gesellschaft stand. Trotz tragischer Schicksale von drei ihrer fünf Kinder blühte das Leben in dieser Familie weiter und verankerte sich tief in der Gemeinschaft.
Posthalter von 1955 bis 1976
Eine Schlüsselperson in der Dörlinbacher Postgeschichte ist Anton Griesbaum (1911 bis 1987), der nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1945 in das Leben der Gemeinde eindrang. Zunächst als Korbmacher tätig, verband ihn die Ehe mit Maria Theresia (1912 bis 1971), einer Tochter von Faißt, untrennbar mit der Post. Sein Lebensmittelgeschäft wurde bald zum Zentrum des postalen Geschehens in Dörlinbach. 1955 übernahm er die Stelle als Teilzeit-Posthalter und entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zur zentralen Figur des Postwesens in Dörlinbach. Als Leiter der Poststelle – oft als das „Gesicht der Post“ bezeichnet – sorgte Griesbaum dafür, dass alle neuen Anforderungen erfüllt wurden, ohne die Tradition und das gewohnte Umfeld zu gefährden. Selbst nach der Gemeindereform 1974 blieb das Postamt an gewohnter Stelle und konnte mithilfe von Griesbaums Initiative modernisiert werden.
Griesbaums Engagement hörte jedoch nicht bei der Post auf. Als aktiver Musiker in der Trachtenkapelle, langjähriges Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und engagierter Sportler im Radfahrverein war er ein integraler Bestandteil des Dörlinbacher Vereinslebens. Seine Vielseitigkeit und sein unermüdlicher Einsatz für die Gemeinschaft machten ihn zu einer geschätzten Persönlichkeit, die auch nach ihrer Pensionierung im Jahre 1976 in Erinnerung blieb.
Postgeschäfte bis heute möglich im Ort
Obwohl die ursprüngliche Poststelle heute nicht mehr existiert, hat sich die Postpräsenz in Dörlinbach nicht verflüchtigt. Im Lebensmittelladen, der die Tradition fortführt, können die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin ihre Postgeschäfte erledigen. Hier haben sich Anton Griesbaums Schwiegertochter Erika Erna, eine geborene Winterer (Jahrgang 1948), und deren Sohn Jochen Griesbaum (Jahrgang 1972) dem Erbe ihres Vorfahren verschrieben und führen die Postfiliale mit derselben Hingabe, die Griesbaum einst verkörperte. So bleibt das „Gesicht der Post“ auch weiterhin lebendig in den Herzen der Dörlinbacherinnen und Dörlinbacher und in der Geschichte ihrer Gemeinde.
Veröffentlicht am 30. März 2023 / red
Visuelle Impressionen zur Geschichte:
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