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Ein wahrlich denkwürdiger Tag für Dörlinbach

Lesedauer: 4 Minuten

Das silberne Priesterjubiläum von Pfarrer Josef Schmid

Am Wochenende 17. und 18. März 1951 erlebte Dörlinbach ein Fest, das in die Annalen seiner Nachkriegsgeschichte eingehen sollte. Pfarrer Josef Schmid (1900 bis 1975), der bereits seit 15 Jahren segensreich in der Gemeinde tätig war, feierte sein silbernes Priesterjubiläum. Aus den Überlieferungen wissen wir, dass die gesamte Bevölkerung auf den Beinen war – ein lebendiges Zeichen der Wertschätzung für ihren beliebten Dorfpfarrer.
Pfarrer Josef Schmids Einfluss und Beliebtheit sind auch heute noch im Ort spürbar. Er war von 1936 bis 1955 Dörlinbachs Ortsgeistlicher.
Hermann Faißt, ein Chronist des Dorfes, beschrieb damals die außergewöhnliche Vorbereitungszeit: „Wenn in der vergangenen Woche in aller Herrgottsfrühe schon alles auf den Beinen war und alle Hände sich eifrig regten bis in die tiefe Nacht hinein, um mit dem Schmücken und Zieren an der Vorbereitung des Festes mitzuhelfen, so zeugte allein dies schon von großer Beliebtheit und Wertschätzung unseres Seelsorgers.“ Diese Worte zeichnen ein Bild von einem Dorf, das mit Herzblut und Hingabe ein ganz besonderes Ereignis plant.
Bürgermeister Alois Singler überbrachte dem Jubilar die Glückwünsche der Gemeinde. Er würdigte Schmids Engagement für die Gemeinschaft in den letzten 15 Jahren.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Ehrentafel für Pfarrer Josef Schmid. Er war von 1936 bis 1955 Dörlinbachs Ortsgeistlicher.
Der Festakt begann am Samstagabend, doch das Wetter zeigte sich wenig freundlich: Strömender Regen hielt die „Pfarrkinder“ nicht davon ab, sich vor dem Pfarrhaus zu versammeln. Mit einem Ständchen von der Musikkapelle und dem Kirchenchor wurde Pfarrer Schmid gebührend geehrt. Auch der damalige Bürgermeister Alois Singler (1911 bis 1982) überbrachte die Glückwünsche der Gemeinde, begleitet von den süßen Versen einiger Schulkinder. Es ist nicht verwunderlich, dass Pfarrer Schmid von diesen Gesten sichtlich bewegt war, wie es viele ältere Bewohner heute noch berichten.
Die große Prozession am Sonntagmorgen
Am Sonntagmorgen versammelte sich das gesamte Dorf erneut. Die Feierlichkeiten nahmen ihren Höhepunkt in einer prachtvollen Prozession. Gemeinsam mit der Musikkapelle, dem Sportverein, dem Kirchenchor, der Jungfrauen-Kongregation, den Erstkommunikanten, der Schulkinder, der Ministranten, des Gemeinde- und Stiftungsrats sowie weiteren Geistlichen aus der Nachbarschaft wurde der Jubilar vom Pfarrhaus zur Dorfkirche geleitet. In den Aufzeichnungen von Hermann Faißt ist nachzulesen, dass das Gotteshaus gnadenlos überfüllt war – ein eindrucksvolles Zeichen der Verbundenheit und des Respekts, den Schmid seinerzeit von seinen Gemeindemitgliedern genoss. Die Festpredigt hielt Pfarrer Dr. Roth aus Lahr-Dinglingen, der mit seinen Worten das emotionale Klima des Tages verstärkte.
Der „Löwen“ konnte die schiere Anzahl kaum fassen

Die Trauer und das Entsetzen über den Verlust von Maria Anna Weber (1890 bis 1965) hinterließen in der Gemeinschaft tiefe Spuren. Ihr tragisches Schicksal und die quälende Ungewissheit über ihr Verschwinden bewegten die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner zutiefst. Die Erinnerungen an die Rentnerin blieben lebendig, und ihre mysteriöse Geschichte wurde zu einem dauerhaften Teil des kollektiven Gedächtnisses von Dörlinbach. Diese Erzählung dient nicht nur als Rückblick auf ein tragisches Ereignis, sondern auch als eindringliches Mahnmal, das uns daran erinnert, wie schnell sich das Leben verändern kann und wie zerbrechlich unsere menschliche Existenz ist. Während der Schnee das Geheimnis bewahrte, lebt die Erinnerung an Maria Anna Weber weiter – selbst bei jenen, die sie einst als „Nännän“ hänselten.

Sein Jubiläumswunsch erfüllte sich erst 1962

Der Höhepunkt des Festes war jedoch die bewegende Rede des Jubilars. Pfarrer Schmid teilte den innigen Wunsch mit, dass Dörlinbach eines Tages zur Pfarrei erhoben werden möge. Bereits 1936, als das Dorf von Schweighausen zur Pfarrkuratie erhoben wurde, war dieser Wunsch geäußert worden. „Vielleicht wird es uns doch noch gelingen, das nötige Kapital oder die nötigen Mittel hierzu aufzubringen“, sagte Schmid, dessen Vision letztlich unter seinem Nachfolger, Pfarrer Franz Wölfle, am 18. Dezember 1962 Wirklichkeit wurde.

Ein bleibendes Vermächtnis

Josef Schmids Einfluss und Beliebtheit sind auch heute noch spürbar. Eine eingehende Auseinandersetzung mit seiner Person und seinem Wirken findet sich unter anderem im Blog-Beitrag Die Bedeutung von Dorfpfarrern“ vom 20. Juli 2021 sowie auch in zwei weiteren Beiträgen aus der Reihe „Derlebacher G’schichtle“ in der Folge 15 „Göttliche und militärische Lebensretter“ vom 18. Februar 2022 und in der Folge 25 „Dorfpfarrer ‘entkommt’ zwei Erschießungen“ vom 20. Mai 2022. Vor allem die „G’schichtle“ zeichnen spannende Episoden aus Schmid’s Leben nach, die seine unerschütterliche Hingabe und seinen Mut dokumentieren. Dörlinbach kann auf diesen Geistlichen und auf dieses denkwürdige Jubiläum voller Stolz zurückblicken – ein Tag, der den Zusammenhalt und die Dankbarkeit einer ganzen Gemeinde eindrucksvoll widerspiegelt.

Veröffentlicht am 20. Februar 2025 / red

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