Seite wählen

Kirche aus aller Welt in Dörlinbach

Lesedauer: 4 Minuten

Begegnungen über Grenzen hinweg

In der kleinen, aber lebendigen Gemeinde Sankt Johannes in Dörlinbach treffen sich regelmäßig Menschen aus allen Teilen der Welt, um gemeinsam ihren Glauben zu leben. Besonders prägend waren die zahlreichen Besuche von Priestern aus Südamerika und Afrika, die nicht nur spirituelle Impulse, sondern auch kulturellen Austausch und Freundschaften mitbrachten.

Februar 1992: Festlicher Gottesdienst mit Pater Hugo und Seminarist Juan Pablo Perisset in der Pfarrkirche St. Johannes in Dörlinbach.
Die Anwesenheit indischer Patres hat in Dörlinbach inzwischen Tradition. Seit 1993 wirken indische Patres von der Missions-Kongregation vom Heiligsten Sakrament seelsorgerisch in Dörlinbach sowie in den Nachbarorten Schuttertal und Schweighausen. Pater Joseph Palakkattukunnel legte als erster indischer Pfarradministrator den Grundstein für eine bereichernde, interkulturelle Seelsorge. Die Missions-Kongregation vom Heiligsten Sakrament hat bis heute nicht nur die religiöse Landschaft geprägt, sondern auch viele Herzen gewonnen.
Pfarrer Josef Maria Neuenhofer kam schon in den 1970er-Jahren nach Dörlinbach. Hier zu Besuch im Elternhaus von Schwester M. Fiatis Schätzle.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Die KJG Dörlinbach unterstützte Anfang der 1980er-Jahre die Christliche Ostmission. So kamen auch Filmreferenten und polnische Priester in die Gemeinde und ins KJG-Zeltlager.
Doch bevor die indischen Patres ins Pfarrhaus im benachbarten Schuttertal einzogen, konnte die Pfarrgemeinde St. Johannes immer wieder einmal Kirchenleute aus aller Welt als Gäste begrüßen. Dies lag unter anderem auch an der Schönstätter Marienschwester Maria Fiatis Schätzle, eine gebürtige Dörlinbacherin, die über viele Jahrzehnte hinweg in der Mission in Südamerika tätig war. Ihr Wirken im fernen Argentinien öffnete hier die Tür zu unvergesslichen Begegnungen.
Überraschungsbesuch aus Argentinien
Ein solch bewegender Besuch ereignete sich im Februar 1992, als Pater Hugo Alvarez aus Argentinien, ein Diözesanpriester der Schönstattbewegung, die Heimatgemeinde von Schwester Fiatis besuchte. Begleitet wurde er von Juan Pablo Perisset, einem Seminaristen. Der plötzliche Besuch kam ein Tag früher als erwartet und stellte die Gemeinde vor die Herausforderung, spontan ein Programm zu organisieren. Schnelles Handeln und Flexibilität war damals von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pfarrgemeinde gefragt. Am ersten Abend feierten Pater Hugo und der damals für Dörlinbach zuständige Pfarrer Gerhard Nipp zusammen den Vorabendgottesdienst in der Pfarrkirche St. Johannes. Am Sonntagmorgen folgte der festliche Gottesdienst, bei dem Pater Hugo über die beeindruckende Arbeit von Schwester Fiatis berichtete. Im Anschluss gab es einen Diavortrag in der Dorfstube der Alten Schule, der so großen Andrang erlebte, dass zusätzliche Sitzgelegenheiten geschaffen werden mussten. Es war ein festlicher Rahmen, der sowohl den Austausch über den Glauben als auch die persönlichen Geschichten miteinander verband. In den 1970er-Jahren, als die Welt im Umbruch war und sich viele Menschen für soziale Gerechtigkeit einsetzten, war eine bemerkenswerte Kooperation in Südamerika im Gange. So kam auch durch Kontakte zu Schwester Fiatis ein ganz besonderer Mensch, der deutsche Pfarrer Josef Maria Neuenhofer, nach Dörlinbach. Geboren 1938 in Mönchengladbach, war es für ihn immer schon eine Herzensangelegenheit, Benachteiligten zu helfen. Josef M. Neuenhofer, ein Mann von großem Glauben und tiefem Mitgefühl, fand seinen Weg nach Bolivien, wo er sich besonders für die Straßenkinder einsetzte. Vor seinem Aufbruch nach Bolivien war er als Pfarrer in Rottweil sowie im benachbarten Dunningen tätig. Dort fand er schnell Verbündete – Menschen, die seine Vision teilten und bereit waren, ihn auf seinem Weg nach La Paz zu unterstützen. Gemeinsam schufen sie ein Netzwerk der Hilfe, das es Pater Neuenhofer ermöglichte, seine wichtige Mission mit dem Rückhalt einer starken Gemeinschaft anzutreten. Bis heute wirkt Josef Maria Neuenhofer in Bolivien und setzt seine Arbeit fort.
Erinnerungen an Kamerun
Unvergessen bleiben auch die Besuche aus Afrika. Im Dezember 1981 kam Abbé Pierre Zang Embolo aus Kamerun auf Einladung der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) nach Dörlinbach. Seine Anwesenheit war eine besondere Ehre, da er erst wenige Tage zuvor in Freiburg promoviert hatte. Während seines Aufenthalts zelebrierte er den Festgottesdienst am zweiten Weihnachtsfeiertag und bereicherte die Gemeinde mit seiner lebendigen Art sowie seinen inspirierenden Geschichten. Pierre war kein Unbekannter in Dörlinbach – die KJG pflegte bereits seit Jahren eine enge Verbindung zu ihm. Bei seinen vielen Besuchen über die Jahre hinweg ließ er eine tief verwurzelte Freundschaft entstehen, die vor allem die Herzen der jungen Dörlinbacherinnen und Dörlinbacher berührte. Auch während seiner letzten Reise in die Region 1996 hinterließ er bleibende Eindrücke, bevor er viel zu früh im Jahr 1998 verstarb.

Vielfältige Begegnungen und nachhaltige Verbindungen

In der Blütezeit der KJG Dörlinbach Anfang der 80er-Jahre wurden immer wieder Initiativen ins Leben gerufen, die Kirchenleute aus anderen Ländern einluden. Von polnischen Priestern, die einen Feldgottesdienst im Zeltlager der KJG zelebrierten, über die Unterstützung der Pacific Missionary Avation (PMA), ein Missionsflugdienst im Pazifik, bis hin zu Vorträgen über die Nöte verfolgter Christen, die durch die Christliche Ostmission in Dörlinbach stattfanden – die Gemeinschaft erlebte so einen lebendigen Austausch. Diese internationalen Begegnungen haben nicht nur das spirituelle Leben in Dörlinbach bereichert, sondern auch den Horizont der Gemeindemitglieder erweitert. Sie zeugen von einer lebendigen, globalen Kirche, in der der Glaube keine Grenzen kennt und in der das Miteinander und die Solidarität im Mittelpunkt stehen. So bleibt Dörlinbach ein Ort der Begegnung, an dem Religion und Kultur auf wunderbar harmonische Weise zusammenfließen.

Veröffentlicht am 28. März 2023 / red

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

Das könnte Dir auch gefallen:

Die Königin der Instrumente

Die Königin der Instrumente

Die Pfarrkirche St. Johannes erhielt im Jahre 1934 eine Orgel, erbaut von Josef Stehle (1873 bis 1946), der zusammen mit seinem Bruder 1894 die Orgelbau-Firma...

mehr lesen
Patrozinium 2022

Patrozinium 2022

In unserem Blog-Beitrag „Kirche von 1922 bis 2022“ haben wir erstmals darauf hingewiesen. Am letzten Sonntag im Juni ist es nun soweit: Im Rahmen des...

mehr lesen
Kirche von 1922 bis 2022

Kirche von 1922 bis 2022

Im Jahre 2032 könnte die Gemeinde 900 Jahre Dreifaltigkeits-Kapelle feiern, doch das alte Kirchlein gibt es nicht mehr. Das eigentlich erhaltenswerte Kleinod aus romanischer Zeit...

mehr lesen
Eucharistiefeiern auf Wangler’s Matt

Eucharistiefeiern auf Wangler’s Matt

Es ist nicht das erste Mal, dass zu einem Gottesdienst auf Wangler's Matt eingeladen wird. Diese Freiluft-Gottesdienste, bei denen die Besucherinnen und Besucher stets aufgefordert...

mehr lesen
Die Ersatzkirche

Die Ersatzkirche

In Dörlinbachs Kirchengeschichte finden sich gleich drei markante Gotteshäuser wieder. Beginnend mit der Dreifaltigkeits-Kapelle, dem alten Kirchlein aus dem Jahre 1132, die im Jahre 1922...

mehr lesen
Kirche von 1922 bis 2022

Kirche von 1922 bis 2022

Im Jahre 2032 könnte die Gemeinde 900 Jahre Dreifaltigkeits-Kapelle feiern, doch das alte Kirchlein gibt es nicht mehr. Das eigentlich erhaltenswerte Kleinod aus romanischer Zeit...

mehr lesen
Im Dienste der Kirche

Im Dienste der Kirche

Das Laufen fällt ihm manchmal schwer, weshalb er im Ort meist nur noch mit einem Rollator zu sehen ist. Manchmal wagt sich der heute 82-Jährige...

mehr lesen
Die Gotteshäuser

Die Gotteshäuser

Der Historiker und Archivar Philipp Ruppert als auch der Heimathistoriker Ludwig Heizmann erwähnen in ihren Beiträgen beziehungsweise Publikationen, dass im Jahre 1132 der Bischof in...

mehr lesen
Prozessionen und Fluraltäre

Prozessionen und Fluraltäre

Prozessionen an Christi Himmelfahrt und insbesondere an Fronleichnam gehörten seit alters her zu den feststehenden kirchlichen Bräuchen in Dörlinbach. Heute ist durch den Zusammenschluss der...

mehr lesen
Die Bedeutung von Dorfpfarrern

Die Bedeutung von Dorfpfarrern

Früher wandten sich Leute die Probleme hatten in der Regel an den Bürgermeister, den Lehrer oder den Pfarrer. Zusammen mit dem Arzt (einen praktizierenden Arzt...

mehr lesen

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Favicon
doerlinbach800.de
Die rechte Maustaste ist nur für eingeloggte Benutzer verfügbar