Seite wählen

General-Verdacht im Schuttertal

Lesedauer: 5 Minuten

Protestlied zu einer brisanten Geschichte

Die einstige Kriegergedächniskapelle, die heute nur noch Gedächtniskapelle genannt wird, sorgte im Jahre 2015 für helle Aufregung im Ort. Ausgelöst durch einen Wanderer aus Friesenheim. Denn dieser entdeckte im Innern der Kapelle nicht nur eine Gedenktafel für jene 70 Toten des Krieges, sondern auch drei Gedenktafeln für Wehrmachtsgeneräle. Prompt reichte dieser beim Ordinariat in Freiburg eine „Protestnote“ ein. Die Tafeln müssen weg, so dessen Ansinnen.

Das Corpus Delicti: Die drei Gedenktafeln. Die Tafeln wurden 2015 nach einem Einwand eines Wanderers wieder entfernt.

Die Pfarrei St. Johannes gehört inzwischen zur Seelsorgeeinheit Kirche an der Schutter. Und so kam dann letztlich aus Lahr die Weisung zur Entfernung der drei Tafeln. Die Aktion stieß auf Unmut, denn nicht nur die Tafeln verschwanden von heute auf morgen, sondern auch ein symbolisches Soldatengrab neben dem Kapellchen. Des Weiteren verschwanden Utensilien des Freundeskreises der 5. Jäger-Division (weitere Infos unter Blog-Beitrag „Die 5. Infanterie- und Jäger- Division“ vom 4. Mai 2021) aus dem Innern der Kapelle.

Die symbolische Grabstätte zum Gedenken an die gefallen Soldaten. Auch sie wurde im Zuge des Ärgers um die Tafeln entfernt beziehungsweise abgeräumt.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Die Gedächtniskapelle auf dem Kappelberg im Mai 2021. Bis 2011 fanden hier Gedenktreffen des Kameradenkreises der 5. Jäger-Division statt.

Weitere Infos zur Kapelle auf dem Kappelberg gibt es zudem unter dem Blog-Beitrag „Die Gedächtniskapelle“ vom 13. März 2021. Zurück zur Geschichte: Einen anderen Friesenheimer, der in Dörlinbach aufgewachsen ist, inspirierte das Wirrwarr um die Tafeln zu einem „Protestlied“. Das Lied „Bi uns an der Schutter isch nix meh im Butter“ (Bei uns an der Schutter ist nichts mehr in Ordnung) des Musikers und Instrumentenbauers Franz Günther Schüssele (Jahrgang 1952) fand letztlich über soziale Medien seine Verbreitung und ist neben YouTube unter anderem auch auf unserer Video-Seite (Rubrik: Kultur, Theater und Vereine) abrufbar.

Der Liedtext in Dialekt:

„Bi uns an der Schutter isch nix meh im Butter“

 A Wanderer us Friesenheim dappt mitte in a Fettnapf rein.

In ‘ner Kapell im Schuttertal sieht er a Tafel – vom a General.

(Gnau gnumme drei – des macht die Sach noch brisanter!)

Ware des wohl schlimmi Nazi, wüeschte Kerle, bösi Bazi?

Glich rieft er bim Pfarre a, d’ Tafle muesse – sofort ra!

 Refrain: Bi uns an der Schutter isch nix meh im Butter,

‘s lauft nimmi grad, so goht halt de Bach nab!

 Schnell weg mit dem Deifelswerk, bevor des noch a andrer merkt!

I mach die Dinger weg im Nu, no hab i wieder mini Ruh!

Het de Pfarrer sich gedacht, doch d’ Rechnung ohni s’ Volk gemacht!

Flott hängt er die Schilder ab, un bringt damit s’ ganz Tal uff Trab!

S’ Schuttertal isch hell empört, denn vorher z’ froge – hätt sich g’hört!

Gejammert wird jetzt zum Erbarmen, s’ Kind liegt im Dreck – in Ewigkeit Amen!

 Refrain

 D` Zittung isch gli voll debi, Leserbrief ohn’ End sins gsi.

Ware des wohl schlimmi Krieger, für de Hitler oder d’ wieder?

Sin’ des wirklich Nazi gsi, oder arms Kanonevieh?

S’ weißts nit mol de heil’ ge Geist, wie des hit au keiner weißt!

Au de Pfarrer weiß des nit, warum fragt er nit erscht mol d’ Lit?

Entscheidet über dere Kapp, so gohsch schnell die Schutter nab.

D’ Uffregung isch riesegroß, in Dörlinbach isch jetzt de Teufel los!

G’fehlt het da de Heilge Geischt. – Drum hem mer jetz de blöde … Salat!

 Refrain

 Regiere im Generalstabston, kennt mer ja ganz guat us Rom.

Doch passiert des an de Schutter, isch im Tal nix meh im Butter.

Drum d’ Moral von der Geschicht: Bevor was machsch – schwätz mit de Lit!

Für’s Schuttertal gilt wie für Rom: Frage g’hört halt zuem guete Ton!

 Refrain

 Ob d’ Tafle hänge oder nit –

Ja, des juckt mi doch gar nit!

So endet halt – hab i gedacht –

Oftmols ein General-Verdacht!

 (Glocken bim-bam)

Text und Musik: Franz Schüssele, 2015

Veröffentlicht am 25. August 2021 / red

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

Das könnte Dir auch gefallen:

Das Dankeschönfest

Das Dankeschönfest

Das „besondere“ Jahr für Dörlinbach, das Jubiläum „800 Jahre Dörlinbach“, biegt nun auf die Zielgerade ein. Das kürzlich gefeierte Dankeschönfest in der Festhalle war nicht...

mehr lesen
Wahrlich ein goldener Oktober

Wahrlich ein goldener Oktober

Im Oktober war im Dorf wirklich einiges geboten. Der Herbstmonat, zwischen quirligen Regenfronten und strahlenden Sonnenfenstern, präsentierte sich den Veranstaltern von seiner besten Seite....

mehr lesen
Die Ziellinie ist in Sicht

Die Ziellinie ist in Sicht

Das Jubiläumsjahr neigt sich dem Ende zu, und am kommenden Wochenende wird das „Dankeschönfest“ in der Dörlinbacher Turn- und Festhalle einen vorläufigen Höhepunkt setzen. Am...

mehr lesen
Der Kapellen-Geburtstag

Der Kapellen-Geburtstag

Heute feiern wir ein ganz besonderes Jubiläum – den 70. Geburtstag der Faißt-Kapelle, die vor genau 70 Jahren, am 16. Oktober 1955, von den Pfarrern...

mehr lesen
Randgeschichten einer historischen Wanderung

Randgeschichten einer historischen Wanderung

Die „Historische Wanderung“ im Rahmen der 800-Jahr-Feierlichkeiten über das Tannenböschle und durch den Dörlinbacher Grund nach Ettenheimmünster war nicht nur ein schrittweises Zurückgehen in...

mehr lesen
Ein erlebnisreiches Wochenende

Ein erlebnisreiches Wochenende

Nach einem unvergesslichen Erlebnis beim Tag „Unsere Bauernhöfe“ erwartete die Dörlinbacherinnen und Dörlinbacher am darauffolgenden Wochenende erneut ein spannendes Programm. Am Samstagabend...

mehr lesen
Ein unvergessliches Erlebnis

Ein unvergessliches Erlebnis

Mit großer Vorfreude blickte man hier im Dorf auf die Rundwanderung „Unsere Bauernhöfe“, die den Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten in der zweiten Jahreshälfte anlässlich von 800...

mehr lesen
Eine bleibende Erinnerung

Eine bleibende Erinnerung

Inmitten Dörlinbachs, wo Tradition und Moderne aufeinandertreffen, erblühte am letzten Samstag ein farbenfrohes Kunstprojekt – geleitet von der kreativen Nicole Reymann aus Herbolzheim. Mit...

mehr lesen
Midissage stößt auf große Interesse

Midissage stößt auf große Interesse

Trotz des wechselhaften Wetters,Am 7. Februar 2025 eröffnete im Dörlinbacher Rathaus eine spannende Kunstausstellung, die das Werk von sechs einheimischen Künstlerinnen und Künstlern präsentiert:...

mehr lesen

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Favicon
doerlinbach800.de
Die rechte Maustaste ist nur für eingeloggte Benutzer verfügbar