Und so wurde die Kapelle der Rußlandheimkehrer zu einer Kriegergedächtniskapelle. Ab Christi Himmelfahrt 1961 waren es insbesondere die Angehörigen der 5. Infanterie- und Jägerdivision aus dem Standort Freiburg, die zu den Gedenktreffen auf den Kappelberg kamen. Auch ehemalige Divisions-Angehörige aus der Region kamen fortan zu den Feierlichkeiten nach Dörlinbach. Im Ort selbst stieß das Treffen ebenso auf Interesse. Der im Jahre 1957 gegründete Kameradenkreis der 5. Infanterie- und Jäger-Division sprach übrigens nie von einer Kriegergedächtniskapelle, wie es in Dörlinbach lange Zeit üblich war. In deren Kreisen war die Kapelle auf dem Kappelberg in Dörlinbach schlicht und einfach nur die Faißt-Kapelle.
Zuerst Kranzniederlegung in der Dorfmitte
Der Ablauf gestaltete sich Jahr ein, Jahr aus wie folgt: Punkt 12 Uhr legte der jeweilige Vorsitzende des Kameradenkreises in aller Stille einen Kranz mit Divisionsschleife am stattlichen Krieger-Ehrenmal für die gefallenen Soldaten von Dörlinbach nieder. Nach dem Mittagessen pilgerten die ehemaligen Divisionsangehörigen mit ihren Familien, Freunden und der Dorfbevölkerung zu „ihrer“ Faißt-Kapelle hinauf. „Es gibt kaum einen würdigeren Platz für unsere Gedenkfeiern“, hieß es immer wieder aus den Reihen des Kameradenkreises. Die jeweiligen: Dörlinbacher Rathauschefs waren natürlich bei diesem Ereignis immer mit dabei: Zunächst Josef Billharz (1911 bis 2004), danach Bernhard Himmelsbach (Jahrgang 1940) und zuletzt Carsten Gabbert (Jahrgang 1973). Eine Ehrensache war es auch für die Trachtenkapelle des Musikvereins sowie den katholischen Kirchenchor die Gedenkfeier auf dem Kappelberg mit Musik und Gesang zu umrahmen. Am symbolischen Soldatengrab neben der Kapelle hielten während den Feierlichkeiten zwei Soldaten des Jägerbataillon 292 in Donaueschingen Ehrenwache. Auch dort wurde immer ein Kranz zu Ehren der gefallenen Kameraden niedergelegt – stets begleitet vom „Lied des guten Kameraden“. In den Anfangsjahren wohnten bis zu 100 und mehr Leute diesen Feierlichkeiten bei. Doch das Interesse nahm vor allem im neuen Jahrtausend ab. So kam es, dass im Juni 2011 endgültig Schluss war. Zu diesem Entschluss kamen die Ehemaligen und deren Angehörigen, da im Vorjahr nicht mehr als ein Fünftel der Kameradschaft erschienen war.
Bei den letzten beiden Treffen in Dörlinbach begann das Gedenken nicht in der Dorfmitte, sondern auf dem Friedhof. Dies war der Verlegung des Krieger-Ehrenmals geschuldet. Dass in diesem Zuge auch der „Soldat“ (siehe Blog-Beitrag „Das Krieger-Ehrenmal“ vom 10. März 2021) verschwand, stieß beim Vorstand des Kameradenkreises zwar nicht auf ungeteilte Zustimmung, aber es wurde akzeptiert. Auf keinerlei Akzeptanz stieß jedoch ein Vorfall, der sich vier Jahre nach dem allerletzten Gedenktreffen im Frühjahr 2015 in Dörlinbach ereignete. Die katholische Kirche hatte drei Gedenktafeln sowie ein Kreuzschild aus der Kapelle entfernen lassen. Eine Aktion, die ein Wanderer (dessen Namen nie genannt wurde) aus Friesenheim ausgelöst hatte.
Nicht nur in Dörlinbach (siehe Blog-Beitrag „Die Gedächtniskapelle“ vom 13. März 2021), sondern auch beim Kameradenkreis der 5. Infanterie- und Jäger-Division führte die Entfernung von drei Gedenktafeln in der Dörlinbacher Kapelle auf Unmut. Die Gedenktafeln wurden vom Kameradenkreis zum Gedenken an die ersten Vorsitzenden beschafft. Sie würdigten die Verdienste dieser drei ehemaligen Generäle für den Kameradenkreis in der Nachkriegszeit, so deren Vertreter. Diese Tafeln im Gedenken an Karl Allmendinger (1891 bis 1965), Helmut Thumm (1895 bis 1977) und Max Sachsenheimer (1909 bis 1973) seien dort nachweislich seit den 1980er-Jahren gehangen und hätten in dieser langen Zeit weder bei den Dörlinbacher Bürgerinnen und Bürger, noch bei den Vertretern der katholischen Kirche als auch bei Besuchern der Kapelle für Irritationen gesorgt, wunderte man sich nun im Kameradenkreis der 5. Infanterie- und Jäger-Division. Zugleich zeigte man sich in deren Reihen verwundert über die Darstellung in einer lokalen Zeitung, wonach es bei den Tafeln um die Huldigung der Generäle während der Kriegszeit gegangen sei. So fragten sie sich, warum zuvor seitens der lokalen Medien, die alljährlich über die Treffen zu Christi Himmelfahrt berichteten, keine Kritik laut geworden ist. Neben Vertretern der Presse seien dort auch immer Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Kirche sowie auch russische Abordnung zugegen gewesen. Denn die Versöhnung „über Gräbern“ sei hier hautnah praktiziert worden, so der Kameradenkries.
Tafeln und Birkenkreuz entfernt
Versuche, mit der katholischen Kirche Gespräche zu führen und die Geschichte der Tafeln darzulegen, seien am Widerstand der verantwortlichen Kirchenleute gescheitert. Auch die Aufarbeitung der Geschichte der Generäle wurde von der Kirche damals nicht aktiv betrieben und die Forschungsgrundlagen eines Freiburger Historikers seien nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, beklagt der Kameradenkreis weiter. Neben den Tafeln wurden auch die Abzeichen der 5. Infanterie- und Jägerdivision samt dem Birkenkreuz, das im Außenbereich der Kapelle Teil eines symbolisches Soldatengrab gewesen war, entfernt.
In der Zwischenzeit wurden das Divisionswappen und der Ulmer Spatz wieder an ihrem ursprünglichen Ort in der Kapelle angebracht. Die Gedenktafeln an die Vorsitzenden des Kameradenkreises (also den Generälen) wurden nach langem „Tauziehen“ von der Kirche zurückgegeben und in das Archiv des Kameradenkreises der 5. Infanterie- und Jäger-Division übernommen.
Veröffentlicht am 4. Mai 2021 / red / lam
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