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Banküberfall in den 1990er-Jahren

Lesedauer: 3 Minuten

Heute gibt es keine Banken mehr im Ort

„Banküberfall im beschaulichen Dörlinbach“ –  könnte eines der zahlreichen Lustspiele einer der hiesigen Laienschauspielgruppen sein. Im Ort gibt es zwar eine weit über 100-jährige Theatertradition, aber dieses Stück wurde nicht auf der Theaterbühne in der Festhalle und schon gar nicht im Gasthaus „Engel“ gespielt, sondern ganz real Anfang der 1990er-Jahre in der Volksbank-Filiale in der Hauptstraße 8 in Dörlinbach. Im Februar 1992 überfiel ein maskierter Mann die kleine Filiale, bedrohte mit seiner Schusswaffe eine Kundin und erpresste so von der Angestellten der Bank 10.000 Mark.

Seit Juli 2021 steht beim Rathaus in der Dorfmitte ein 24-Stunden-Outdoor-Gerät, das Geldabhebungen rund um die Uhr ermöglicht.
Der Täter floh damals zu Fuß in Richtung Ortsmitte. Egal ob mutig oder riskant, er hatte zunächst Erfolg, er konnte unerkannt entkommen. Zwar gab es eine sehr detaillierte Beschreibung des Mannes, aber die sofort eingeleitete Fahndung blieb an diesem Tag erfolglos. Doch dem Bankräuber sollte später dann doch sein Fluchtverhalten zum Verhängnis werden.
Seit Juli 2021 steht beim Rathaus in der Dorfmitte ein 24-Stunden-Outdoor-Gerät, das Geldabhebungen rund um die Uhr ermöglicht.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Vor der Zeit der Zweigstellen kam die Volksbank mit Georg Striegel (Schweighausen) und seiner rollenden Filiale in den Ort.
Wie bereits erwähnt war der junge Mann auf Schusters Rappen nämlich nur bis in den Dorfweg unterwegs. Dort stieg er in einen älteren grünen Passat. Das Kennzeichen konnte zwar nicht komplett abgelesen werden, aber dass es sich um ein Freiburger Kennzeichen handelte schon. Neben dem grünen Passat, der erst später von Bedeutung sein sollte und letztlich auch zur Ermittlung des wahren Täters führte, war zunächst ein roter Ford-Transit von Bedeutung. Der Transit, am Steuer ein junger Geschäftsmann aus Schweighausen, fuhr nämlich just zu dem Zeitpunkt des Überfalls an der Volksbank-Filiale in Dörlinbach vorbei. Eine Passantin, die den Überfall mitbekommen hatte, schrieb die Autonummer auf und meldete sich umgehend als Zeugin. Und dann ging alles ganz schnell.
Firmenwagen wird zum vermeintlichen Täterfahrzeug
Der nichts ahnende junge Mann aus Schweighausen fuhr in Richtung Bleichtal und wurde dort filmreif gestoppt. Denn die Polizei war sich sicher, das muss der Bankräuber sein. Sechs Polizeiautos sollen damals im Einsatz gewesen sein. Die Straße im Bleichtal wurde komplett abgeriegelt. Schusswaffen im Anschlag, Handschellen klickten und ein ratloser Schweighausener. Abgeführt, es folgten mehrere Verhöre und es gab eine Gegenüberstellung. Und es kam noch dicker für den jungen Mann. Die Zeugin erkannte ihn wieder als den vermeintlichen Bankräuber, worauf er erkennungsdienstlich erfasst wurde und erst einmal eine Nacht in der Arrestzelle verbringen musste. Am nächsten Tag war jedoch der Alptraum vorbei, er wurde freigelassen, da seine Fingerabdrücke nicht mit jenen übereinstimmten, die der eigentliche Täter aus Freiburg am Tatort hinterlassen hatte. Im Nachhinein fast schon eine Pose, zumal es sich beim Ford Transit um einen Firmenwagen handelte, bei dem Firmenschild und Telefonnummer groß zu lesen waren. Eine Ermittlungsgruppe ließ sich später, nachdem auch andere Zeugenaussagen ins Leere führten und jener Passat wieder in den Fokus rückte, vom Kraftfahrtbundesamt eine Liste sämtlicher älterer grüner VW-Passat mit „FR“-Kennzeichen ausdrucken und machte sich daran alle Fahrzeughalter zu überprüfen. Im April dann der Durchbruch, der Dörlinbacher Bankräuber konnte überführt werden. Er war auf besagter Liste der 350. Fahrzeughalter, der für die Ermittlungsgruppe zur Überprüfung anstand. Festgenommen wurde der Mann übrigens schon im Vormonat März wegen zweier anderer Banküberfälle im südbadischen Raum. Vor seinem Dörlinbacher Coup hatte er im Januar in Ballrechten-Dottingen bereits eine Bank überfallen und später im März eine weitere in Waldshut. Er gestand dann letztlich auch den Überfall auf die Filiale der Volksbank-Raiffeisenbank in Dörlinbach. Laut Polizei wollte der Freiburger Handwerker sich mit dem Geld sich nach Mexiko absetzen.
Es war ein Schreckschussrevolver
Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass einige Angaben der damaligen Zeugen in Dörlinbach durchaus sehr präzise waren. Unter anderem schätzten sie das Alter des maskierten Mannes auf 25 Jahre. Fast eine Punktlandung, er war zum Zeitpunkt des Überfalls 24 Jahre alt. Weiter sei angemerkt, dass bei den weiteren Ermittlungen herauskam, dass es sich bei der Tatwaffe in Dörlinbach um einen Schreckschussrevolver handelte. Potentiellen „Bankräubern“ sei gesagt: Eine Bank kann heutzutage in Dörlinbach nicht mehr überfallen werden. Es gibt nämlich mittlerweile keine mehr. Die Volksbank, die über viele Jahrzehnte zunächst in einem ehemaligen Textil- und Modegeschäft (Hauptstraße 11) und später in einem ehemaligen Textil- und Gardinengeschäft (Hauptstraße 8) residierte, betreibt in Dörlinbach seit der Jahrtausendwende keine Geschäftsstelle mehr. Vor der Zeit der Zweigstellen kam die Volksbank mit einer rollenden Filiale in den Ort. Die fahrbare Zweigstelle wurde von einem Bürger aus dem Nachbarort geleitet: Georg Striegel aus Schweighausen. Striegel wurde in seinem Gefährt übrigens nie überfallen, auch nicht in den anderen Orten, die er in den 1970er- und 1980er-Jahren anfuhr. Dann wäre da noch die Sparkasse, die vor der Volksbank eine kleine Geschäftsstelle in der Hauptstraße 8 hatte. Damals existierte das Textil- und Gardinengeschäft noch. In die Sparkassen-Geschäftsstelle zog eine Fahrschule ein, in das Textil- und Gardinengeschäft wie bereits erwähnt die Volksbank. Die Sparkasse hatte nämlich Anfang der 1990er-Jahre an der Ecke Blumenstraße / Herrenmatt gebaut und im Erdgeschoss eine neue Geschäftsstelle eröffnet. Diese Geschäftsstelle in der Blumenstraße 1 wurde im November 2017 zu einer reinen Automaten-Filiale umgewandelt.

24-Stunden-Outdoor-Geldautomat

Die Automaten-Filiale sollte aber nur von kurzer Dauer sein. Ende Juni 2021 war dann auch damit Schluss. Bargeldlos bleiben aber die Dörlinbachrinnen und Dörlinbacher trotzdem nicht. Seit Juli 2021 steht beim Rathaus in der Dorfmitte ein sogenanntes 24-Stunden-Outdoor-Gerät, das Geldabhebungen rund um die Uhr ermöglicht. Das Gute: Für die Kundinnen und Kunden der Volksbank und der Sparkasse ist auch weiterhin das Abheben von Bargeld an diesem von der Firma Cardpoint betriebenen Automaten kostenlos. Das Schlechte: Es gibt keinen Kontoauszugsdrucker mehr.

Veröffentlicht am 15. Februar 2022 / red

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