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Religiöse Kleindenkmäler

Lesedauer: 4 Minuten

Bildstöcke als stumme Zeugen der Vergangenheit

Sie sind ein religiöses Wahrzeichen und bestehen in der Regel aus einer Säule, einem Pfeiler oder einem ähnlichen Standfuß. Darauf aufgesetzt befindet sich oft ein Bildwerk religiöser Art in einem Häuschen oder einer Nische. Diese religiösen Kleindenkmäler nennt man Bildstöcke, die hier meist nur „Bildstöckle“ genannt werden. Zu finden sind sie oft an öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen. Nachweisbar sind Bildstöcke erstmals im 14. Jahrhundert. In den letzten Jahrhunderten dienten sie oft auch als Erinnerung an schwere Unfälle oder Katastrophen.

Der älteste Bildstock Dörlinbachs befindet sich bei der Mariengrotte nur unweit von der Gedächtniskapelle entfernt auf dem Kappelberg.
Solche Zeugnisse der Volksfrömmigkeit vieler Jahrhunderte gibt es selbstverständlich auch hier in und rund um Dörlinbach. Dazu gehören natürlich auch Wegkreuze, auch Flurkreuze genannt, die beispielsweise an Wegkreuzungen zu finden sind. Aber auch am Wegesrand oder auch mal unter Bäumen stehen solche stummen Zeugen der Vergangenheit. Doch wir wollen uns in diesem Blog-Beitrag zunächst einmal ausschließlich den „Bildstöckle“ widmen.
Erst vor 12 Jahren wurde am Unterrain ein Bildstock aufgestellt. Sozusagen als eine Hommage an Gerhard Finkbeiner.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Schlicht und klein präsentiert sich ein Bildstock Ausgangs der Höll vom Durenbach kommend.
Nicht einfach zu enträtseln ist die Inschrift eines Bildstocks, der in Höfen an der Einfahrt in den Durenbach steht. Der Schuttertäler Heimatforscher Gerhard Finkbeiner (1940 bis 2009), der sich mehrfach mit den Flurdenkmälern des oberen Schuttertals beschäftigte, bietet in seinem zusammen mit Offenburger Kleindenkmale-Experte Gernot Kreutz (1937 bis 2015) veröffentlichten Buch „Wenn Steine reden“ (erschienen 1988) folgende Lösung an: „Dieser Bildstock ist gesetzt für den im Jahr 1840, den 8. Februar hier verunglückten Johann Georg Schaefer, Schuttertal.“ Es folgt eine Aufforderung: „Wer diesen liebt, bete ein Vaterunser.“ Es geht also um den Tod des Johann Georg Schäfer (1772 bis 1840). Der Bildstock steht am Gartenzaun des Anwesens Hansmann und ist somit streng gesehen ein Schuttertäler Bildstock. Durch Höfen läuft nämlich die Gemarkungsgrenze zwischen den Ortsteilen Dörlinbach und Schuttertal. Einen echten Dörlinbacher Bildstock gibt es im weiteren Verlauf im oberen Durenbach. Es ist ein überaus interessantes Kleindenkmal aus dem Jahre 1863. Dieses zeigt anschaulich einmal mehr, was Leute bewegt, ein solch steinernes Zeugnis aufzustellen. Beim Bildstock im oberen Durenbach geht es nämlich um ein frommes Versprechen der Bauersleute vom Konradenhof und dem angrenzenden Rothweilerhof. Den Bauern sollen nämlich beim Holzabfahren die Pferde ausgerissen sein. Und zum Dank dafür, dass die Tiere in dem steil abfallenden Gelände nicht zu Schaden kamen, errichteten die vier betroffenen Bauernfamilien den besagten Bildstock, der oberhalb der beiden Hofgüter am Weg zum Gasthof „Lieberatsbergstuben“ steht. Zeugnis darüber gibt der Säulentext. Der Bildstock ist heutzutage leicht zu übersehen, da er derzeit von kleinen Tannen eingekreist ist. Das Häuschen ist ohne Türchen. In der Nische lächelt hinter einem schützenden Stein eine kleine Muttergottesstatue hervor. Während hier es sich im oberen Durenbach gut nachvollziehen lässt, warum der Bildstock errichtet wurde, lässt es sich nicht mehr herausfinden, weshalb das Kleindenkmal beim Wanglerhof in der Hub aufgestellt wurde. Auch Finkbeiner und Kreutz fanden keine näheren Hinweise für den Grund des Aufstellens. Der äußerst schlicht gehaltene Bildstock ist jedenfalls aus heutiger Sicht 250 Jahre alt. Darauf weist die Jahreszahl „1772“ hin. Dies ist zugleich der einzige Hinweis, denn sonst ist keine Inschrift zu finden, die beispielsweise auf den Stifter oder auf den Grund des Errichtens hinweist.
Das Älteste steht oberhalb der Kapelle
Ebenfalls schlicht aber mit wesentlich mehr Informationen versehen steht der älteste Bildstock Dörlinbachs bei der Mariengrotte nur unweit von der Gedächtniskapelle entfernt auf dem Kappelberg. Die Ausschmückung ist einfach, lediglich die Seitenflächen der Bildnische ziert ein Sonnensymbol und das Christusmonogramm. Die Ziffern der Jahreszahl „1782“ sind auf der Frontseite der Ädikula (so nennt man kleine antike Bauwerke beziehungsweise Bauteile) jeweils an einem Eck der sich rundbogig öffnenden Nische eingemeißelt. Eine offensichtlich nicht vollständige Inschrift, die auf Maria Anna Herr (1760 bis 1782) verweist, lautet: „MARIAN / HERRIN / IST ALL HIER / VNN FORT / SICTIG GE / STORBEN / (unkenntlich) DER“. In jüngster Zeit wurde der Bildstock leicht beschädigt. Davon zeugt auf der linken Seite des Häuschens ein herausgebrochenes Stück an der Dachkante. Aufmerksame Leserinnen und Leser, haben sicherlich bemerkt, dass der Bildstock in der Hub mit der Jahreszahl „1772“ älter ist als dieser sogenannte älteste Dörlinbacher auf dem Kappelberg. Die Lösung: Der Bildstock beim Wanglerhof in der Hub (auch Hub-Wanglerhof beziehungsweise „Hurwanglers“ genannt) steht auf Schweighausener Gemarkung. Aber auch auf Dörlinbacher Gemarkung lässt ein Bildstock in der Hub auf die Vergangenheit zurückblicken. Er steht auf der gegenüberliegenden linken Seite und ist in seiner Ausführung und Ornamentik einfach und bescheiden. Das Bildhäuschen ist von dem geraden Schaft nur durch ein schwach profiliertes Kapitell abgesetzt. In der Bildnische befindet sich ein Holzkreuz, das Türchen davor fehlt. In dem vom Stamm leicht abgesetzten Fuß sind die Initialen des vermutlichen Stifters noch schwach zu erkennen. Sie lauten „M O G“ – wer aber damit gemeint sein könnte, konnten auch die Experten Finkbeiner und Kreutz nicht herausfinden. Mit Ausnahme der Jahreszahl trägt der Schaft keine Beschriftung. Schlicht und klein präsentiert sich ein Bildstock Ausgangs der Höll vom Durenbach kommend. Die Schlichtheit ist allerdings nur auf den Sandstein bezogen. Die Nische ist komplett mit einem in weiß gehaltenen Bildchen aus Stein ausgefüllt. Eine Kreuzigungsszene wie aus Holz geschnitzt, aber sie ist aus Stein gemeißelt. Eine Jahreszahl oder eine Inschrift gibt es nicht. Vermutlich fehlt auch ein Teil der Säule, die extrem kurz ist und offensichtlich auch einmal zusammengesetzt wurde. Beim Zieglerhof, den manche auch „Ziegelhof“ nennen, befindet sich ein Bildstock aus dem Jahre 1838. Für sein Alter ist dieses Kleindenkmal recht gut erhalten. Sicherlich ist das auch der geschützten Standortlage direkt am Hofgebäude unter dem Giebel geschuldet. Das Häuschen hat auf der linken Seite ein Marienmonogramm, auf der rechten ein Christusmonogramm. Die Nische ist gewölbt., die von einer eisernen Türe verschlossen ist. Besonderes heraus stechen die imitierten Dachziegeln sowie das kleine Eisenkreuz darauf. Zur Inschrift: „Zur Ehre des gegreizigden Heilands und der Mutter Maria.“ (Anmerkung: gegreizigden = gekreuzigten). Links und rechts der Säule mit dem Schriftspiegel werden die „Leidenswerkzeuge Christi“ dargestellt. Links: drei Würfel, Lanze, Rute mit Schwamm, Leiter, Kelch und Ketten. Rechts: Hammer, Zange, Nagel, Kreuz, Herz und Hahn. Die Jahreszahl 1785 oberhalb des Sockelschriftfeldes sowie die namentliche Nennung der Familie, die den Bildstock erneuern ließ, legt für Finkbeiner und Kreutz die Vermutung nahe, dass der Bildstock bereits einen Vorgänger hatte. Als erste Stifter und Erneuerer sind Zieglerbauer Andreas Griesbaum (1726 bis 1793) und dessen zweite Frau Anna Griesbaum (gestorben 1794) eingemeißelt. Als Erneuerer und Stifter des heute sichtbaren Bildstockes werden Andreas Griesbaum (Jahrgang 1841) und Katharina, eine geborene Zehnle (Jahrgang 1824), angegeben.
Mitten im Wald
Auch mitten im Dörlinbacher Wald gibt es einen dieser stummen Zeugen. Der Bildstock aus dem Jahre 1868 erinnert an ein tragisches Unglück. Vier Jahre zuvor im August 1864 verstarb an der Stelle Leopold Singer, ein Bauernsohn aus der Hub, beim Holzfahren. Er versuchte damals an einem Steilhang mit einer gespannten Waagstange einen mit Wellen beladenen Wagen vor dem Umstürzen abzusichern. Die Stange schoss urplötzlich aus der Verankerung, wodurch der junge Mann 150 Meter weit in den Wald hinein geschleudert wurde, wo er letztlich auch verstarb. Der Bildstock ist wie die meisten in Ornamentik und Form einfach gehalten, allerdings hat der Stock eine prägende bauchige Form. Die Inschrift gibt über die Tragik Auskunft: „Hier starb am 30 August 1864 Leopold Singler.“ Weiter ist zu lesen, dass der er 28 Jahre alt war, als er eines tragischen Todes starb. Es folgt der Hinweis auf den Umstand seines Todes: „Beim Umsturz eines Wagens war er plötzlich tot“ und wie bei allen tragischen Ereignissen, wird auch hier um das Seelenheil des Verstorbenen gebeten: „Vater unser, Ave Maria“. Bildstöcke im Wald (siehe auch oberer Durenbach) sind nicht immer leicht zu finden. Sicherlich trifft dies auch auf einen Bildstock auf dem Fohrenbühl zu. Um ihn zu finden geht es bis ins dichte Unterholz hinein. Als der Bildstock im Jahre 1784 aufgestellt wurde stand auf dem Fohrenbühl noch kein Wald. Das steinerne Zeugnis wurde damals im offenen Weideland errichtet. Die Inschrift auf der Frontseite der Säule lautet: „ANDREAS / SINGLER / MAGTLE / NA OHNE / MIESIN / GELOBT / SEI IES / VS MAR/IA VND / JOSEBH/ANNO / 1784“. Die hier erwähnten Personen sind also Andreas Singler (1756 bis 1836), der am 7. Januar 1872 in zweiter Ehe Magdalena Ohnemus (1760 bis 1797) heiratete.

„Bildstöckle“ für den Heimatforscher

Wer meint, dass solche steinerne Zeitzeugen in der jüngsten Vergangenheit nicht mehr aufgestellt wurden, der irrt. Erst vor 12 Jahren wurde am Unterrain ein Bildstock aufgestellt. Sozusagen als eine Hommage an Gerhard Finkbeiner. Der Heimatforscher überzeugte im Jahre 1989 die Schwörers ihr historisches Bollen-Ständer-Haus renovieren zu lassen. Die aufwändige Renovierung trug Interessantes zu tage und konnte schließlich 1993 abgeschlossen werden (siehe dazu auch Blog-Beitrag „Ein Juwel am Unterrain“ vom 13. Juli 2021). Im Jahre 2010 widmeten die Schwörers dem im Jahr zuvor verstorbenen Heimatforscher den besagten Bildstock, der an der rechten Hausecke an der Frontseite zur Straße hin aufgestellt wurde. Wie üblich im Schuttertal in einer schlichten Ausführung, aber mit  wichtigen Botschaften für die Nachwelt. So lautet die Inschrift auf der Säule, die an den Heimatforscher und den ehemaligen Klosterhof erinnert: „Zum Gedenken an den Heimatforscher Gerhard Finkbeiner für die Erhaltung von S‘ Herreländels dem ehemaligen Klosterhof von Dörlinbach A D 2010“. Weiter heißt es: „Gott schütze dieses Haus und alle seine Bewohner 1780“. Die Zahl verweist auf den Bau des Hauses. Hans Georg Herr, ein Schuhmacher aus dem Kambach im Schuttertal, hatte das Anwesen 1780 erworben und einen Hof darauf errichtet, der –  wie sich später herausstellen sollte – auf den Grundmauern des ehemaligen Klosterhofs steht. In der Nische des Häuschens des jüngsten Dörlinbacher Bildstocks befindet sich übrigens eine Marienfigur, davor das übliche Eisentürchen.

Veröffentlicht am 5. Februar 2022 / red / afi

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

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