Oder anders herum gesagt, es setzte sich jener Übernahme durch, der eigentlich schon von Beginn an das Haus und deren Bewohner prägte. Der Übername „s' Herre-Ländels“ geht nämlich auf die Erbauer und ersten Bewohner des einstigen Tagelöhnerhauses zurück. Johann Georg Herr (1723 bis 1795), ein Schuhmacher aus dem Kambach im Schuttertal, hatte das Anwesen 1780 erworben und einen Hof darauf errichtet. Nach mehreren Generationen wechselte der Familienname durch Heirat zunächst auf Fischer und ein paar Generationen weiter noch einmal auf Schwörer. Der heutige Besitzer Werner Schwörer (Jahrgang 1957) hat das Haus in den 1990er-Jahren zusammen mit Bruder Martin (Jahrgang 1968) und Vater Wilhelm Aloisius (1929 bis 2013) restauriert. Seither ist das Schwarzwälder Bohlen-Ständer-Haus ein Hingucker par excellence. Blumenfreunde, Freunde kleiner, liebevoller Details und vor allem Hobbyfotografen kommen voll auf ihre Kosten. Und das zu allen Jahreszeiten. Das dem so ist, dafür sorgt vor allem auch Ehefrau Andrea Monika Schwörer, geborene Kaspar (Jahrgang 1970) mit ihren den Jahreszeiten angepassten Kreationen rund ums Haus.
Die Restauration brachte es zutage
Ein Hingucker ist das Anwesen aber auch wegen seiner geschichtlichen und architektonischen Bedeutung. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein ehemaliges Tagelöhnerhaus, das etwas abseits des Dorfes alleine am Rande des dahinter liegenden Waldes stand. Das Dorf wuchs mit der Zeit. Heutzutage ist das Haus inmitten der Wohnbebauung entlang des Unterrains voll integriert. Die eigentliche Besonderheit des Schwarzwälder Bollen-Ständer-Hauses sollte übrigens erst bei der Restauration so recht zutage kommen. Das Anfang der 1780er-Jahre errichtete Tagelöhnerhaus stand nämlich auf den Grundmauern eines Freihofs.
Dass es einen solchen Freihof einmal gegeben hatte war zwar bekannt, aber eben lange Zeit nicht, wo dieser einst gestanden hatte. Bekannt war beispielsweise, dass im Jahre 1781 der Archivar des Klosters Ettenheimmünster, Pater Gervasius Bulffer (1714 bis 1792), den besagten Freihof in einem Rechtsbuch des Klosters erwähnt hatte. Aufgrund dieser Erwähnung und anderer Schriftstücke ahnte der Schuttertäler Lehrer und Heimatforscher Gerhard Finkbeiner (1940 bis 2009) schon früh, am Standort des Anwesens „s' Herre-Ländels“ könnte der Freihof des Klosters einst gestanden haben. Eindeutige Beweise gab es allerdings nicht. Noch nicht!
1993 war das Projekt abgeschlossen
Finkbeiner ließ jedoch nicht locker. Im Jahre 1989 konnte er letztlich die Schwörers davon überzeugen, das Bollen-Ständer-Haus zu restaurieren. Und dann geschah etwas Unglaubliches. Bei den Arbeiten zunächst vor dem Haus ein Grenzstein mit einem Abtsstab und der Jahreszahl 1751 zutage. Und mehr noch. Ein weiterer Stein bestätigte, dass es sich um die Grundmauern des einstigen Freihofs handelte. Funde die natürlich für Furore sorgten – im Dorf, bei den Schwörers und insbesondere bei Gerhard Finkbeiner. Die Schwörers waren jetzt umso mehr motiviert, so dass es im Jahre 1992 zu einer aufwändigen Restaurierung des gesamten Anwesens kam. Das dauerte natürlich. 1993 war schließlich das Projekt abgeschlossen und das Dorf hatte nun am Unterrain ein echtes geschichtliches Juwel vorzuweisen. Dem Heimatforscher Gerhard Finkbeiner, der den Stein ins Rollen brachte, wurde übrigens im Jahre 2010 ein Bildstöckle gewidmet, das am rechten Eck der Frontseite des Bollen-Ständer-Hauses aufgestellt wurde. Der Stein mit Abtsstab und der Jahreszahl 1751 wurde im Rahmen der Restauration in eine Gartenbegrenzungsmauer aus Sandstein integriert.
Aktuell im Jahre 2021 stehen erneut Veränderungen beim Anwesen „s' Herre-Ländels“ an, die vor allem der engen Unterrain-Straße geschuldet sind. Die Sandsteinmauer im Gartenbereich neben der Werkstatt wurde teilweise abgetragen, da ein Unterstellplatz für die Autos geschaffen werden soll. Für Werner Schwörer ist klar, dass der geplante Carport sich in das geschichtlich-historische Ambiente einfügen muss. Und dementsprechend schreiten momentan auch die Bauarbeiten voran. Das Interessante dabei: Durch die Neugestaltung kommt besagter Stein mit dem Abtsstab, ohne dass er neu platziert wurde, nun weit mehr zur Geltung als bisher.
Blog-Beitrag vom 13. Juli 2021 / red
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