Schmutziger Donnerstag
Der Beginn der närrisch-tollen Tage
Einige nennen ihn schlicht „Schmutziger“, andere wiederum betiteln ihn als „Schmutziger Dunschdig“ – wir sprechen hier vom vielleicht wahren Höhepunkt des Fasnachtsfests im schwäbisch-alemannischen Raum: dem Donnerstag vor Aschermittwoch. Dieser Tag leitet sich nicht nur der Beginn der närrisch-tollen Tage ein, sondern es handelt sich auch um den letzten Schlachttag vor Ostern, der die Gelegenheit bietet, sich einen letzten kulinarischen Schmaus vor der Fastenzeit zu gönnen.

Traditionelle Fasnachtsbräuche? In Dörlinbach gab es die kaum! Zumindest nicht dokumentiert – und die wenigen, die wir fanden, zeigten vor allem verkleidete Schulkinder, die fröhlich durch die Straßen tollten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begannen die lokalen Vereine, die närrischen Zügel in die Hand zu nehmen. Sie organisierten Umzüge und schufen damit eine bunte Struktur für das närrische Treiben. Siehe dazu auch unter Blog-Beitrag „Sputnik im Weltall und in Dörlinbach“ vom 1. März 2021. Der entscheidende Wendepunkt? Der war zweifelsohne im Jahre 1979, als die erste Narrenzunft des Ortes ins Leben gerufen wurde (siehe unter Blog-Beitrag „Bremsdorfer Narrenzunft (BNZ) Dörlinbach vom 17. März 2021). Die Fasent kam so richtig ins Rollen. Das närrisch-tolle Treiben erlebte vor allem in den 1980er- und 1990er-Jahren eine Hoch-Zeit – ausgehend vom schmutzigen Donnerstag.
Für die Närrinnen und Narren begann der „Schmutzige“ schon in aller Frühe mit einem bunten Treiben auf dem Sandplatz. Dort wartete der Narrenbaum darauf, mit lustigen Verzierungen geschmückt zu werden. Doch bevor es richtig losging, stand ein Besuch in der nebenan liegenden Kindertagesstätte St. Angela auf dem Programm. Die Kindergartenkinder wurden regelrecht „befreit“ und durften fröhlich auf den Sandplatz strömen, um den Narrenbaum mit bunten Fasentsbändele zu verzieren. Nach dieser kreativen Einlage trennten sich die Wege: Die Kindergartenkinder zogen los, durchstreiften den Ort und sammelten fleißig Süßigkeiten, während die Bremsdorfer Närrinnen und Narren in die Grundschule pilgerten, um die Schülerinnen und Schüler aus ihren Schulbänken zu „reißen“ und sie an den närrischen Aktivitäten teilhaben zu lassen. Damals war übrigens das Rathaus noch nicht im Visier der Zunftmitglieder, denn der klassische Rathaussturm, so wie wir ihn heute kennen, war hier noch Zukunftsmusik.
Es sollte bis nach der Jahrtausendwende dauern, bis 2006 der erste große Sturm auf das Dörlinbacher Rathaus folgte – angeführt von den stürmischen „Bremme“, „Schluchwaldhexe“, „Säcklistrecker Gugge“ und dem legendären „Bremmedatscher“. Dieser Einzelgänger übernahm mit einem kessen Lächeln die Kontrolle über die närrischen Geschicke im Rathaus und entmachtete den Bürgermeister. Doch die Freude währte nicht lange: im Jahr 2016 musste diese Tradition überarbeitet werden, denn der „Bremmedatscher“ stellte im Jahr zuvor buchstäblich seinen Dienst ein – und das nicht aus Überarbeitung! Siehe dazu auch unter Blog-Beitrag „Der Bremmedatscher“ vom 30. März 2021.
Am Morgen des „Schmutzigen Dunschigs“ wurde bereits die närrische Stimmung auf vielfältige Weise angeheizt. Doch die Bremsdorfer Närrinnen und Narren schalteten am Nachmittag erst recht in den Feiermodus – und das manchmal in grandiosem Stil! Sie zogen durch die Straßen, stets auf der Suche nach den besten Leckereien in den Geschäften und den Wirtshäusern des Dorfes. Sogar beliebte Zunftmitglieder wurden daheim nicht verschont – wer dort aufmarschierte, durfte sich auf einen fröhlichen Besuch gefasst machen. Überall war was geboten, während fröhliches Gelächter und Klirren von Gläsern den Nachmittag begleitete. Und da waren auch ja auch noch die kleinen Narren, die in den Nachthemden von Oma oder Opa umher hüpften. Die Aufregung auf den Abend wuchs, denn da stand ja schließlich der Hemdglunkerumzug an. Mit schwungvoller Guggemusik und einem nicht zu bremsenden närrischen Tross ging es vom Treffpunkt „Bremmewinkel“ direkt in die Dorfmitte zum Rathaus. Dort wurde voller Elan der Narrenbaum beim „Löwen“-Parkplatz, in direkter Nachbarschaft zum Rathaus, aufgestellt. Und dann war es endlich soweit: Von der Rathaustreppe erklang die ebenso schillernde wie feierliche Proklamation der jeweiligen „Oberbremme“. Im Nu füllten sich die beiden Wirtshäuser mit tanzfreudigen Närrinnen und Narren, die bis in die späten Stunden in fröhlichem Jubel und ausgelassener Stimmung feierten.
Ablauf hat sich gewandelt
Fasnacht ohne Narrenbaum?!
Veröffentlicht am 23. Februar 2022 / red
Visuelle Impressionen zur Geschichte:
Das könnte Dir auch gefallen:
Derlebacher Fasentsumzüge
In Dörlinbach hat der Fasnachtssonntag eine lange und bunte Tradition. In 35 Tagen ist es wieder so weit – das Örtchen wird von fröhlichem Lärm...
Zunft- und Brauchtumsabende
Mit Beginn der 1980er Jahre, als die winterliche Zeit nicht nur von Kälte, sondern auch von Lebensfreude und närrischem Treiben geprägt war, nahm in Dörlinbach...
0 Kommentare