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Sputnik im Weltall und in Dörlinbach

Lesedauer: 3 Minuten

Fasnacht kam erst nach dem Krieg in Schwung

Von Fasnachtsbräuchen ist in Dörlinbach zumindest aus früheren Zeiten nichts bekannt. Aus Erinnerungen erzählen ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger davon, dass sich mal da mal dort Schulkinder verkleideten und in den Straßen johlend umherzogen. Erst nach dem Zweiten Weltkriegs bildeten sich zunächst vereinzelt, später immer mehr Gruppen, um Fasnacht gebührend zu feiern.

Ein Rosenmontag in den 1960er-Jahren: In der Regel waren es die örtlichen Vereine, die sich der Fasent und insbesondere den fünf närrisch-tollen Tagen annahmen.
In der Regel waren es die örtlichen Vereine, die sich der Fasent und insbesondere den fünf närrisch-tollen Tagen annahmen. Die Dorffasent nahm nach und nach Konturen an. Erste Umzüge wurden organisiert und die Wirtschaftsfasent blühte auf. Närrische Dorfabende, ein Preismaskenball und die Fasnachtsverbrennung wurden zu festen Bestandteilen der aufblühenden Dorffasent.
In den 1960er- und 1970er-Jahren lebte die Dorffasent im Ort so richtig auf. Auf den Straßen und in der Schule war nun auch bei den Kindern verkleiden angesagt.
In den 1960er- und 1970er-Jahren lebte die Dorffasent im Ort so richtig auf. Auf den Straßen und in der Schule war nun auch bei den Kindern verkleiden angesagt.
Nicht nur beim Preismaskenball im Gasthof „Zum Löwen“ tauchten in den 1970er-Jahren vermehrt auch private Gruppen auf. Eine dieser Gruppen kann man durchaus als den Wegbereiter für die heutige Narrenzunft bezeichnen. Erstmals war die Gruppe bei einer Veranstaltung 1976 im Gasthof „Zum Engel“ zu sehen. Über die später aus dieser Gruppe hervorgegangene Bremsdorfer Narrenzunft (BNZ), die im Jahre 1979 gegründet wurde, werden wir noch gesondert berichten.

Kreativität aus der Blessingstraße

Schon lange, bevor Ende der 1970er-Jahre erste Hästräger das Erscheinungsbild der Dörlinbacher Fasnacht veränderten und in den Folgejahren maßgeblich mitgestalteten, gab es im Ort neben den Kindern auch schon etliche Erwachsene, die über die närrisch-tollen Tage unter ein zumeist selbstgenähtes oder gebasteltes Häs schlüpften. Einer von ihnen war unter anderem Wilhelm Billharz sen. (1931 bis 2009), der sich zur Fasnacht 1955 was Besonderes einfallen ließ. Er trat als Sputnik auf. Billharz nahm sich also der aktuellen Weltpolitik an. Beim entfachten Weltlauf im All schockte im besagten Jahr die damalige Sowjetunion die USA mit dem ersten Sputnik-Satelliten. Dank der Kreativität von Wilhelm Billharz aus der Blessingstraße schwirrte auch ein Sputnik durch das kleine Dörlinbach – wenn auch mit mehr Bodenhaftigkeit und nur für kurze Zeit! Billharz war ein Narr durch und durch und manchmal trat er auch im Duett auf. Es war die Zeit, wo zu ganz gewöhnlichen Fasnachtsveranstaltungen Larven beziehungsweise Masken einfach dazu gehörten. Nicht so spektakulär wie beim Sputnik, aber originell: An der Fasnacht 1957 trat Billharz am Rosenmontag zusammen mit dem damaligen Bergbauer und späteren Bergwirt Hermann Otto Griesbaum (1931 bis 1989) auf. Die gebürtige Dörlinbacherin, die ihr Leben den Ärmsten der Armen widmete, starb nach kurzer, schwerer Krankheit am 8. Juli 1993 in einem Hospital in Buenos Aires. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Schwesternfriedhof in Florencio Varela, dem argentinischen Neu-Schönstatt. Ihr zu Ehren wurde bei der Gedächtniskapelle in Dörlinbach ein Gedenkstein aufgestellt.

Veröffentlicht am 1. März 2021 / red

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