Die schräge Rasenfläche zur Grundschule hin pachtete er gleich mit und schuf dort ein Tiergehege, dass schon beim Erbauen erahnen ließ, dass da wohl was Besonderes künftig sein Zuhause haben wird. Und in der Tat: Neben einem Deutschen Riesen, eine aus Belgien stammende Kaninchenrasse, und zwei Laufenten zogen zwei Bennett-Kängurus in das Gehege ein. Und die waren von Anfang an die Attraktion schlechthin.
Zwar sorgten die Laufenten zunächst für mehr Pressewirbel, da ihnen die Obrigkeit ein „Badeverbot“ im nahen Springbrunnen verwehrte, aber die Kängurus, zwei Böcke, zogen landauf landab immer mehr Interesse auf sich. Vor allem, als bereits nach einem Jahr drei Ladys zu ihnen ins Gehege zogen. Sally, Zicke und Shy hießen die drei Kängurus-Damen. Die „Herren“ waren und blieben weiter namenlos. Unter den weiblichen Neuankömmlingen waren auch jene Känguru-Damen, die über einen Sommer hinweg für Schlagzeilen sorgten. Sie waren aus einem Tiergehege bei Bombach ausgebüxt und trieben sich in den Wäldern herum.
Wiederum ein Jahr später, Laufenten und das Riesenkaninchen waren zwischenzeitlich ausgezogen, stellte sich der erste Dörlinbacher Känguru-Nachwuchs ein. Allerdings kam damals nur eines der Jungen durch. Familie Wallaby war auf sechs Mitglieder angewachsen und in den sozialen Medien bekamen die Kängurus sogar ihre eigene Seite. Somit stieg deren Beliebtheit- und Bekanntheitsgrad auch weit über die Ortenau hinaus. Auf der Anlage tummelten sich Gäste aus Ludwigsburg, Pforzheim, Mannheim und sogar aus der Schweiz. Und alle sagten unisono, dass sie extra wegen den Kängurus gekommen seien. In den nächsten beiden Jahren erblickten jeweils zwei Känguru-Babys in Dörlinbach das Licht der Welt. Die Anzahl der Kängurus stieg jedoch nie weiter als sechs. Mal wurde der Nachwuchs verkauft, mal gab es altersbedingte Todesfälle. Zuletzt hatte Familie Wallaby nur noch drei Mitglieder. Die Betonung liegt auf „zuletzt“, denn mittlerweile gibt es in Dörlinbach keine Kängurus mehr, das Gehege ist abgeräumt.
Pächterwechsel mit Folgen
Was war geschehen? Ende vergangenen Jahres kündigte Pascal Schätzle seinen Pachtvertrag. Gerne hätte er die Kängurus an ihrem angestammten Platz belassen, sofern ein neuer Pächter dem zustimmt. Seitens der Gemeinde sei jedoch keine Unterstützung dagewesen. Mehr noch, die habe laut Schätzle ihm mitgeteilt, dass auf der Anlage künftig keine Tiere mehr erwünscht seien. Da sich im Ort auch kein neuer Platz finden ließ, verkaufte Schätzle die Kängurus nach Obersimonswald, wo sie ein neues Zuhause bei weiteren Artgenossen in einem Tiergehege des Gasthof „Engel“ gefunden haben.
Die Reaktion seitens der Verwaltung: Die zeigt sich nun plötzlich überrascht über diesen Schritt und räumt ein, dass man durchaus hätte noch einmal über den Verbleib der Kängurus reden können. Die Reaktionen im Ort und in den sozialen Medien: „Hier wurde eine Chance vertan“, „Wie kann man solch eine Attraktion aufgeben“, „Das finden wir echt schade“, um nur einige zu nennen.
Von Dörlinbach nach Simonswald
Die drei Dörlinbacher Rotnackenwallabys – zwei Weibchen, ein Männchen – haben sich inzwischen gut eingelebt in Simonswald. Davon konnten wir uns vor Ort selbst ein Bild machen. Dort leben sie mit zwei weiteren Artgenossen zusammen, allerdings noch getrennt. Den Dörlinbacher Kängurus soll erst einmal Zeit gegeben werden, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, bevor es zur Zusammenführung kommt. Unter den Drei aus Dörlinbach ist übrigens eine Känguru-Dame, die augenscheinlich schon ein Junges im Beutel hat. Somit wird, wenn alles gut läuft, schon bald in Simonswald das letzte in Dörlinbach geborene Känguru-Baby aus dem Beutel schauen.
Neugierig geworden? Dann bieten wir euch einen kleinen Service an, damit Ihr die „Auswanderer“ samt dem möglichen in der alten Heimat Letztgeborenen besuchen könnt. Ihr findet sie beim Gasthof-Hotel „Engel“ im Obertal in Simonswald (Obertalstraße 44). Dort können nicht Kängurus, sondern auch Damwild und Mufflons in der Freigehegen bestaunt werden.
Veröffentlicht am 24. April 2021 / red
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