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Der Verwaltungssitz

Lesedauer: 4 Minuten

Dörlinbachs Rathaus wird zur „Schaltzentrale“

Am 1. Januar 1974 schlossen sich die bis dahin eigenständigen Gemeinden Schuttertal, Dörlinbach und Schweighausen zur neuen Gemeinde Schuttertal zusammen. Das Rathaus im Ort Dörlinbach wurde damals als zentraler Sitz bestimmt. Die Ortsteile verzichteten auf die Einführung einer Ortschaftsverfassung, wie sie damals bei vielen Gemeinden, die sich im Rahmen der Gemeindereform neu formiert hatten, üblich war.

Das Dörlinbacher Rathaus im Mai 2021. Das Gebäude ist seit 1974 Verwaltungssitz der Gemeinde Schuttertal.
Schon vor dem Zusammenschluss – im Dezember 1973 – wurde festgelegt, dass dem neuen Gemeinderat der Gesamtgemeinde 14 Räte und Rätinnen angehören sollen. Allerdings war die Zusammensetzung für Dörlinbach ungünstig. Entsprechend den damaligen Einwohnerzahlen entschied man Dörlinbach nur vier Ratsmitglieder zuzugestehen, Schuttertal und Schweighausen bekamen je fünf Sitze.
Das Dörlinbacher Rathaus im Mai 2021. Das Gebäude ist seit 1974 Verwaltungssitz der Gemeinde Schuttertal.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Im Jahre 1999 „schmückte“ das Dörlinbacher Rathaus einen Wahlprospekt der CDU.
Erst mit den Gemeinderatswahlen im Juni 1994 wurde die mittlerweile eingeforderte Gleichheit hergestellt. Seither sitzen für jeden Ortsteil jeweils fünf Räte und Rätinnen in dem obersten Gemeindegremium. Der Weg zu dieser Ratszusammensetzung war jedoch lang nicht so beschwerlich wie der Weg zur Gesamtgemeinde. Denn eigentlich hätte damals alles ganz anders laufen sollen, zumindest wenn es nach der Landesregierung gegangen wäre. Diese strebte nämlich einen Zusammenschluss aller Talgemeinden an, außer dem Ort Kuhbach. Der Sitz einer solchen Großgemeinde wäre dann Seelbach gewesen. Doch dem Ansinnen der Landesregierung wollten nicht alle folgen. Reichenbach sprach sich dafür aus, ihren Ort an die Stadt Lahr anzugliedern. Also sah der Plan nun vor, nur die oberen Talgemeinden auf der Basis einer Ortschaftsverfassung Seelbach anzugliedern. Schweighausen jedoch stellte sich von Anfang an gegen dieses Vorhaben, lehnte eine Eingliederung nach Seelbach entschieden ab. So kam es zunächst zu Gesprächen mit Schuttertal und Dörlinbach, ein Vertragsentwurf wurde sogar ausgehandelt. Eine Bürgeranhörung sollte letztlich Klarheit bringen.

Protest gegen favorisierte Eingliederung

Doch mittlerweile regte sich auch in Schuttertal Protest gegen die geplante und von Landrat Georg Wimmer (1914 bis 1974) favorisierte Eingliederung. Der letzte Landrat des alten Landkreis Lahr war nämlich damals ein entschiedener Befürworter für die Eingliederung der Obertalgemeinden nach Seelbach. Schlussendlich mehrten sich auch in Dörlinbach die Stimmen gegen einen Zusammenschluss mit Seelbach. Allerdings nicht ganz so stark wie in Schuttertal, wo sogar eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen wurde. Es kam schließlich zu einer Bürgerbefragung in Dörlinbach und Schuttertal. Das Ergebnis war mehr als eindeutig. In Dörlinbach stimmten 75 Prozent gegen die geplante Eingemeindung und in Schuttertal nahezu alle – nämlich 95 Prozent. Der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger wurde nun auch in Stuttgart erhört. Baden-Württembergs damaliger Innenminister Karl Schiess (1914 bis 1999), der maßgeblichen Anteil an der Kreis- und Gemeindereform hatte, bezeichnete im Rahmen einer Pressekonferenz einen Teilverwaltungsraum im oberen Schuttertal als „wünschenswert“. Eine Aussage, die im oberen Schuttertal auf große Resonanz stieß. Der Weg war somit geebnet für die heutige Gemeinde Schuttertal. Schnell war man sich einig: Schuttertal, Dörlinbach und Schweighausen sollten sich zu einer Gemeinde zusammenschießen. Die Folge: Es gab natürlich eine erneute Bürgeranhörung. Schuttertal und Schweighausen votierten klar dafür. Und auch in Dörlinbach gab es ein klares Ergebnis. Es gab lediglich 16 Nein-Stimmen. Auch personell gab es eine Einigung unter den damaligen Rathauschefs. Schuttertals Bürgermeister Bernhard Himmelsbach (Jahrgang 1940) kandidierte als Bürgermeister der neuen Gesamtgemeinde Schuttertal. Schweighausens Bürgermeister Horst Griesbaum (Jahrgang 1939) wurde Ratschreiber auf der neuen Verwaltung. Und Dörlinbachs Bürgermeister Josef Billharz (1911 bis 2004) ging in Pension, fungierte aber bis zur Wahl von Bernhard Himmelsbach als Amtsverweser der neuen Gemeinde. Zudem gab es für Dörlinbach aufgrund der Lage (zwischen Schuttertal und Schweighausen) einen weiteren Bonus: Das hiesige Rathaus wurde zur „Schaltzentrale“ der neuen Gemeinde Schuttertal.

Vom Rat- und Schulhaus zum reinen Verwaltungsgebäude

Der Hauptsitz der Gemeinde Schuttertal wurde von der Gemeinde Dörlinbach im Jahre 1835 als Rat- und Schulhaus erbaut. Bis zur Fertigstellung einer neuen Volksschule an der Hauptstraße im Jahre 1905 hatte das Gebäude zwei Funktionen. Kurz vor dem Bau der Neuen Schule im Oberdorf (heute: Grundschule) wurde das Rathaus ein weiteres Mal für schulische Zwecke genutzt. Denn durch geburtenstarke Jahrgänge musste im Jahre 1961 eine Klasse wieder ins Rathaus umziehen (siehe dazu auch Blog-Beitrag „Eine spannungsgeladene Schulgeschichte“ vom 15. März 2021). Nachdem der Einweihung der neuen Grund- und Hauptschule im April 1964 war das Gebäude in der Hauptstraße 5 nur noch ein reines Verwaltungsgebäude. Bis zur Gemeindereform residierten in dem Gebäude insgesamt 15 Dörlinbacher Bürgermeister (siehe dazu Blog-Beitrag „Die Rathauschefs“ vom 9. Mai 2021). Den Chefsessel im Dörlinbacher Rathaus übernahmen nach dem Zusammenschluss zur Gemeinde Schuttertal Bernhard Himmelsbach (von 1974 bis 2004), Carsten Gabbert (von 2004 bis 2020) und Matthias Litterst (seit Juli 2020).

Veröffentlicht am 25. Mai 2021

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

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