In unserem heutigen G'schichtle wollen wir allerdings auf eine Begebenheit zur Osterzeit in seiner alten Heimat blicken. Besonders die Sitten und Bräuche in „Dörlebach“, wie er seinen Geburtsort nannte, haben es ihm angetan, und so wollen wir heute einer amüsanten Episode aus seinen Erinnerungen nachspüren. Fischer erinnerte sich lebhaft daran, wie man im Dorf einem Ortsfremden um die Osterzeit gern einen kleinen Streich spielte. „Der Hahn von der Kirchturmspitze“, so die Legende, sollte jedes Jahr am Karfreitagmittag, genau wenn die Uhr zwölf schlägt, auf den Boden hinabsteigen, um am Dorfbrunnen frisches Wasser zu trinken. Doch aufgepasst! An diesem besonderen Tag läuten die Glocken nicht, denn die klangvollen Töne wurden durch die „Rätsche“ ersetzt, eine Art Holzgerät, das die Betzeiten anzeigt. Ein Scherz, der sicherlich die Gesichtszüge des Fremden erhellte und für einige schmunzelnde Gesichter unter den Einheimischen sorgte.
Ein Sammelpunkt für Durstige
Fragt man sich nun, ob es tatsächlich einen Hahn auf der Kirchturmspitze gegeben hat oder wo der besagte Dorfbrunnen zu finden war, so muss hier die Aufklärung folgen. Der besagte „Akzisers-Brunnen“, war einst ein Sammelpunkt für die Durstigen und befand sich beim Anwesen des Landolin Griesbaum, einem Original aus dem 18. Jahrhundert. Die Leute nannten diesen Ort liebevoll „s' Akzisers“, bevor er heute in der Erinnerung der älteren Generationen verloren ging – genau wie der Hahn auf der Kirchturmspitze. So mag es scheinen, als ob Fischer nicht nur ein begnadeter Geschichtenerzähler war, sondern auch ein Meister des Humors. Seine Erzählungen sind nicht nur nostalgische Rückblicke, sie sind lebendige Erinnerungen, die uns anregen, über die kleinen Dinge im Leben nachzudenken – über den Glauben, die Sitten und Bräuche, die unsere Gemeinschaften zusammenhalten.
Der Geist von Wilhelm Fischer
Viel Spaß beim nächsten Spaziergang durch Dörlinbach! Vielleicht entdeckt ihr ja das ein oder andere Relikt vergangener Zeiten oder hört das Lachen der Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner, die noch immer vom Hahn erzählen, der einmal im Jahr zur Feier des Karfreitags sein Wasser am Brunnen holt. Und während ihr euch in diese charmanten Geschichten vertieft, denkt daran: Auch wenn in unserem Dorf kein Hahn auf der Kirchturmspitze sitzt, bleibt der Geist von Wilhelm Fischer lebendig in unseren Herzen.
Zur Person Landolin Griesbaum (1764 bis 1820) lohnt es sich auch einmal einen Blick in den Blog-Beitrag „Der Schulzenhansenhof“ vom 10. Juni 2023 zu werfen. Denn „s’ Akzizers“ war einst ein Teil des legendären Schulzenhansenhof, der heute nicht mehr im Dorf, sondern auf einer Anhöhe unterhalb der Kapelle steht (Hof) und inzwischen als Mattesenhof durchaus besser bekannt ist.
Veröffentlicht am 20. April 2024 / red
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