Nudelherstellung in Dörlinbach
Die Macher: Nikolaus, Karl, Oskar, Fritz und Emil Wehrle
Heutzutage werden beliebig geformte Teigwaren, die vor dem Verzehr gekocht werden, als Nudeln bezeichnet. Hergestellt werden Nudeln meistens aus Hartweizengrieß oder Dinkel unter Zugabe von Wasser beziehungsweise Eier. Eher seltener aus Mais, Hirse oder Reis. Und teilweise werden auch färbende Zutaten dazugegeben als auch Kräuter und Gewürze.
Die Wehrles hatten sich gerade mit ihrer Nudelfabrikation einen Namen gemacht, der Verkauf lief prächtig, da traf sie am 10. August 1912 ein schwerer Schicksalsschlag. Vater Nikolaus verunglückte tödlich (siehe dazu auch Blog-Beitrag „Erinnerungen an die Ahnen“ vom 3. April 2022). Die Nudelfabrikation wurde jedoch von der Familie weitergeführt. Als sich dann das Geschäft weiter gut entwickelte, wurden die Nudeln unter der Markenbezeichnung „Hünersedel“ und die beste Qualität unter dem Namen „Schwarzwaldmädchen“ angeboten. Zugleich wurden sie nicht mehr nur lose, sondern auch abgepackt an verschiedene Lebensmittelgeschäfte verkauft. Die Nudeln gab es zudem in drei Qualitätsstufen.
Die Expansion spiegelte sich auch im Betrieb selbst wider: Um größere Mengen fertigen zu können, brauchten die Wehrles auch andere Trockenmöglichkeiten. Gegen eine Konzessionsgebühr von 150 Mark erwarben sie die Erkenntnisse, wie Nudeln in einem Raum getrocknet werden können. Sogleich wurde ein solcher Trockenraum eingerichtet und dadurch die Produktion weiter gesteigert werden. Im Frühjahr 1914 wurden zudem weitere Maschinen erworben. Alles Gebrauchte – eine Wellmaschine, eine Presse und eine Schneidemaschine – für rund 1.500 Mark. Allerdings hatten die Wehrles dafür nur 500 Mark frei, den Rest deckte die Brauerei mit einem Kredit ab. Und noch eine Hürde musste gemeistert werden. Um die erworbenen Maschinen betreiben zu können, musste nämlich auch ein Benzinmotor zur Stromerzeugung angeschafft werden. Grund: Dörlinbach hatte seinerzeit noch keinen keinen elektrischen Strom.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs lag die Tagesproduktion bei zwei Zentnern. Zum Vergleich: Als noch alles per Hand gemacht hergestellt wurde kamen die Wehrles gerade einmal auf 30 bis 40 Pfund am Tag. Durch den Krieg wurde dem stetig wachsenden Erfolg jäh ein Ende gesetzt. Zu Beginn wurde zuerst Macher Karl Wehrle eingezogen. Oskar, der ebenfalls das Bäckerhandwerk erlernt hatte, und dessen Bruder Friedrich (1895 bis 1982), im Ort eigentlich immer nur Fritz genannt, führten die Produktion erst einmal weiter. Doch im Mai 1915 wurde auch Fritz Wehrle eingezogen. Zugleich waren zu diesem Zeitpunkt auch die Mehlbestände bei den Wehrles aufgebraucht, die Fertigung wurde eingestellt. Karl Wehrle, für den die Maschinen „heilig“ waren, wies seinen zurückgebliebenen Bruder Oskar von der Front aus an, dass er die Maschinen erst einmal sorgfältig einmotten solle.
Neuanfang nach dem Ersten Weltkrieg
Das Aus kam Anfang der 1950er-Jahre
Veröffentlicht am 21. Mai 2022 / red
Visuelle Impressionen zur Geschichte:
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