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Armbrust aus Dörlinbach

Lesedauer: 5 Minuten

Krummholz Wilhelm Schwörer machte es möglich

Eine Armbrust zum Spielen. Ja das gibt es auch heute noch, wenn man bei diversen Anbietern im Internet surft. Meist sind solche Armbrüste aus Holz gefertigt und gelten als guter Kompromiss aus Sicherheit, Sport- und Spielspaß für Schützen ab sieben Jahre. Dass Teile einer solchen Spielzeug-Armbrust einmal aus Dörlinbach geliefert wurden, dürfte vor allem den älteren Dörlinbacherinnen und Dörlinbachern noch bestens bekannt sein.

Willhelm Schwörer in seiner Werkstatt am Unterrain im Jahre 2000 bei der Fertigung von Spielzeug-Armbrüsten.
Auch der Verfasser dieses Textes hat als Bub einst seine Treffsicherheit damit testen dürfen. Ob aus jener Zeit noch Kinderspielzeug-Armbrüste existieren, wissen wir nicht. Fakt ist, dass im Jahre 2004 noch einmal ganz offiziell mit einem solchen Spielgerät auf eine Zielscheibe in der Dörlinbacher Festhalle geschossen wurde. Damals wurde das Zielschießen als Rahmenprogramm bei Dörlinbachs erster und bislang einziger Gewerbeschau am Stand von Martin Schwörer (geboren 1968) angeboten.
Noch heute erinnert ein Schild an seiner einstigen Werkstatt an seinen Wagnerberuf. Im Volksmund wurden Wagner „Krummholz“ genannt.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Armbrust-Zielschießen als Rahmenprogramm bei Dörlinbachs erster und bislang einziger Gewerbeschau im Juni 2004.

Auch so manche Lokalprominenz ließ es sich nicht nehmen, einmal einen Pfeil auf die Zielscheibe abzufeuern. Martin Schwörers Vater Wilhelm Aloisius (1929 bis 2013) war nämlich jener Zulieferer für das Grundgerüst besagter Spielzeug-Armbrüste. Wilhelm Schwörer war Wagner von Beruf. In den Jahren 1944 bis 1947 erlernte er dieses Handwerk in Welschensteinach. Schwörer arbeitete nicht nur bei seinem Lehrmeister, er lebte auch unter der Woche bei ihm. Das war damals so üblich. Da es auch genügend Arbeit an den Samstagen gab, kam Wilhelm Schwörer oft erst bei Dunkelheit zurück in sein Dorf nach Dörlinbach. Und das zu Fuß. Im Jahre 1955 wollte er sich Selbstständig machen, aber das Handwerk des Wagners verlor in jener Zeit immer mehr an Bedeutung. Die Wagnerei tätigte er jedoch weiterhin im Nebenerwerb. Noch heute erinnert ein Schild an seiner einstigen Werkstatt an seinen Wagnerberuf. Da steht allerdings Nicht Wagner oder Wagnermeister, sondern Krummholz, denn so wurden Wagner früher im Volkmund genannt. Der Krummholz stellte alle hölzernen Produkte her, die für den dörflichen, bäuerlichen Gebrauch nötig waren und die beispielsweise von Schreiner, Zimmermann oder Küfer nicht gemacht wurden. Er war sozusagen der Spezialist für das Krummholz. Ein Wagner beziehungsweise Krummholz reparierte sogar alle Fahrzeuge aus Holz.

 

Schwörer fand schließlich Mitte der 1960er-Jahre eine neue Herausforderung und Leidenschaft. Er wurde Zulieferer für Kinderspielzeuge und insbesondere für Spielzeug-Armbrüste. Lange konnte man in seiner Werkstatt am Unterrain ein Modell aus dem Jahre 1964 bestaunen. Dieses Modell gibt es allerdings heute leider nicht mehr. Hin und wieder ließ sich Schwörer bei der Arbeit über die Schulter schauen. Mit etwas Glück konnte man dann auch die Entstehung bis zur Fertigstellung der kleinen Armbrust mitverfolgen. Zunächst wurde mittels Schablonen die Form der Armbrust auf das Holz übertragen. Dann kam die Fräse ins Spiel, eine von mehreren Maschinen, die er einst angeschafft hatte, als er sich eigentlich als Wagner selbstständig machen wollte. Auch die damals angeschaffte Kreissäge kommt bei der Herstellung der Armbrustschafte zum Einsatz. Beim Bearbeiten der Kanten und dem Bohren der erforderlichen Löcher wurde Schwörer immer wieder von seiner Ehefrau Maria Magdalena, eine geborene Fischer (1930 bis 2019), unterstützt. Zur Heimat von Wilhelm und Maria Magdalena Schwörer (Herre-Ländels) gibt es übrigens weitere Infos unter Blog-Beitrag „Ein Juwel am Unterrain“ vom 13. Juli 2021.

Im Jahre 2005 war Schluss
Die Armbrust-Herstellung stellte Wilhelm Schwörer im Jahre 2005 ein. Die Liebe zum Holz und dessen Verarbeitung blieb. Immer wieder ließ er sich zu kleineren aber manches Mal auch zu größeren Arbeiten hinreißen, wie zum Beispiel die Restaurierung einer Mühle. Und so manche Frau im Dorf erinnert sich sicherlich heute noch gerne daran, dass er ihr als kleines Mädchen einmal den Puppenwagen repariert hat.

Veröffentlicht am 1. Oktober 2021 / red

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