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Schicksale rund um den Krieg (1)

Lesedauer: 3 Minuten

Wilhelm Griesbaum und die verlorenen Söhne Dörlinbachs

Der Zweite Weltkrieg hat unschätzliche menschliche Tragödien hervorgebracht, und die damals kleine Gemeinde Dörlinbach war da keine Ausnahme. In dieser beschaulichen Gegend lebte Wilhelm Griesbaum (1909 bis 1945), ein beliebter und fleißiger Mann, dessen Leben in den Schatten der Kriegswirren geriet. Seine Geschichte spiegelt das Schicksal vieler Familien wider, die im Zuge globaler Konflikte tiefe Verluste erlitten haben.
Die „Zieglers“ vor dem Krieg: Im Vordergrund Matthias (Jahrgang 1871)), links Magdalena (Jahrgang 1912), rechts Roman (Jahrgang 1907).
Im Frühjahr 1950 erschütterte die Nachricht von Wilhelm Griesbaums Tod in jugoslawischer Kriegsgefangenschaft das Dorf. Am 19. Juli 1945 verstarb er, und die Trauer war groß. Sein Vater, Matthias Griesbaum (1871 bis 1956), hatte bereits zwei seiner Söhne im Krieg verloren. Diese Schicksale machten den Verlust von Wilhelm besonders schmerzhaft. Matthias, verwitwet und gezeichnet von der Trauer um seine zweite Frau Magdalena (1882 bis 1929), war ein Mann voller Geduld, der nun seinen letzten Sohn betrauern musste.
Roman Griesbaum, der als junger Vater von zwei Buben am 12. Oktober 1944 in Polen bei Warschau fiel, hinterließ eine schmerzhafte Lücke in der Familie.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Roman, Wilhelm und Josef Griesbaum starben alle im Zweiten Weltkrieg. Keiner der Brüder kehrte von der Ostfront zurück.
Die Familie Griesbaum war prägend für die Geschichte Dörlinbachs. Von den vier Söhnen, die der Zieglerhof-Bauer Matthias mit Magdalena hatte, überlebte kein einziger. Andreas, geboren 1910, der kurz nach seiner Geburt starb, und Roman, geboren 1907, der als junger Vater von zwei Buben am 12. Oktober 1944 in Polen bei Warschau fiel, hinterließen schmerzhafte Lücken in der Familie. Der jüngste Sohn Josef, geboren 1921, fand sein Ende am 25. März 1944 ebenfalls auf dem Schlachtfeld. So gesehen, war Wilhelm nicht nur ein weiteres verlorenes Leben im Krieg. Er war Teil eines Ganzen, das durch die Schrecken des Krieges auseinandergerissen wurde.
Der große Verlust und die Hoffnung auf Heimkehr
Obwohl viele Vermisste in Dörlinbach verblieben, kehrte Anfang 1951 eine Welle der Freude zurück, als Joseph Göppert (1927 bis 2009) als letzter Kriegsgefangener in der Neujahrsnacht aus Russland heimkehrte. Der Empfang war herzlich, und das gesamte Dorf feierte, als der junge Mann nach fast fünf Jahren Gefangenschaft zu seiner Familie in Höfen zurückkehren konnte. Diese Momente der Freude standen damals in starkem Kontrast zu den dunklen Erinnerungen an die Gefallenen und Vermissten.
Zahlen gefallener Soldaten variieren
Die Zahlen der gefallenen und vermissten Soldaten variieren in den Berichten, was die Tragweite der Situation verdeutlicht. Während die lokalen Presseberichte Anfang der 1950er Jahre von 47 Gefallenen und in Gefangenschaft gestorbenen Bürgersöhnen sprachen, dokumentierte das Dörlinbacher Heimatbuch 1995 bereits 53 Gefallene und 15 Vermisste. Solche Unterschiede verdeutlichen die Komplexität der Aufarbeitung nach dem Krieg und wie Erinnerung und Geschichte oft miteinander ringen.

Einblicke in die Menschlichkeit

Die Geschichten von Wilhelm Griesbaum, Roman und Josef vom Zieglerhof (heute: Ziegelhof) sind mehr als nur Namen in einer Statistik. Sie stehen für die unzähligen Schicksale, die der Krieg zerriss. Diese Lebensgeschichten erinnern uns daran, dass hinter jeder Zahl eine Familie, ein Freund oder ein Nachbar stand, der Hoffnungen und Träume hatte und deren Nähe nun schmerzlich vermisst wird. In kommenden Blog-Beiträgen werden wir weitere Geschichten über die Gefallenen, Vermissten und die, die nach langen Jahren zurückkehrten, erzählen. Ihre Schicksale sind Teil des kollektiven Gedächtnisses Dörlinbachs und verdienen es, gewürdigt zu werden. Lassen wir die Vergangenheit nicht vergessen, während wir die Geschehnisse der Gegenwart reflektieren und auf ein friedlicheres Morgen hinarbeiten – gerade in dieser aktuell wieder schwierigen Zeit.

Veröffentlicht am 23. März 2025 / red

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