Armbrust aus Dörlinbach
Krummholz Wilhelm Schwörer machte es möglich
Eine Armbrust zum Spielen. Ja das gibt es auch heute noch, wenn man bei diversen Anbietern im Internet surft. Meist sind solche Armbrüste aus Holz gefertigt und gelten als guter Kompromiss aus Sicherheit, Sport- und Spielspaß für Schützen ab sieben Jahre. Dass Teile einer solchen Spielzeug-Armbrust einmal aus Dörlinbach geliefert wurden, dürfte vor allem den älteren Dörlinbacherinnen und Dörlinbachern noch bestens bekannt sein.
Auch so manche Lokalprominenz ließ es sich nicht nehmen, einmal einen Pfeil auf die Zielscheibe abzufeuern. Martin Schwörers Vater Wilhelm Aloisius (1929 bis 2013) war nämlich jener Zulieferer für das Grundgerüst besagter Spielzeug-Armbrüste. Wilhelm Schwörer war Wagner von Beruf. In den Jahren 1944 bis 1947 erlernte er dieses Handwerk in Welschensteinach. Schwörer arbeitete nicht nur bei seinem Lehrmeister, er lebte auch unter der Woche bei ihm. Das war damals so üblich. Da es auch genügend Arbeit an den Samstagen gab, kam Wilhelm Schwörer oft erst bei Dunkelheit zurück in sein Dorf nach Dörlinbach. Und das zu Fuß. Im Jahre 1955 wollte er sich Selbstständig machen, aber das Handwerk des Wagners verlor in jener Zeit immer mehr an Bedeutung. Die Wagnerei tätigte er jedoch weiterhin im Nebenerwerb. Noch heute erinnert ein Schild an seiner einstigen Werkstatt an seinen Wagnerberuf. Da steht allerdings Nicht Wagner oder Wagnermeister, sondern Krummholz, denn so wurden Wagner früher im Volkmund genannt. Der Krummholz stellte alle hölzernen Produkte her, die für den dörflichen, bäuerlichen Gebrauch nötig waren und die beispielsweise von Schreiner, Zimmermann oder Küfer nicht gemacht wurden. Er war sozusagen der Spezialist für das Krummholz. Ein Wagner beziehungsweise Krummholz reparierte sogar alle Fahrzeuge aus Holz.
Schwörer fand schließlich Mitte der 1960er-Jahre eine neue Herausforderung und Leidenschaft. Er wurde Zulieferer für Kinderspielzeuge und insbesondere für Spielzeug-Armbrüste. Lange konnte man in seiner Werkstatt am Unterrain ein Modell aus dem Jahre 1964 bestaunen. Dieses Modell gibt es allerdings heute leider nicht mehr. Hin und wieder ließ sich Schwörer bei der Arbeit über die Schulter schauen. Mit etwas Glück konnte man dann auch die Entstehung bis zur Fertigstellung der kleinen Armbrust mitverfolgen. Zunächst wurde mittels Schablonen die Form der Armbrust auf das Holz übertragen. Dann kam die Fräse ins Spiel, eine von mehreren Maschinen, die er einst angeschafft hatte, als er sich eigentlich als Wagner selbstständig machen wollte. Auch die damals angeschaffte Kreissäge kommt bei der Herstellung der Armbrustschafte zum Einsatz. Beim Bearbeiten der Kanten und dem Bohren der erforderlichen Löcher wurde Schwörer immer wieder von seiner Ehefrau Maria Magdalena, eine geborene Fischer (1930 bis 2019), unterstützt. Zur Heimat von Wilhelm und Maria Magdalena Schwörer (Herre-Ländels) gibt es übrigens weitere Infos unter Blog-Beitrag „Ein Juwel am Unterrain“ vom 13. Juli 2021.
Veröffentlicht am 1. Oktober 2021 / red
Visuelle Impressionen zur Geschichte:
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