Wilhelm Rothweiler war sozusagen der erste Amateurfotograf in Dörlinbach und kann man durchaus auch als den ersten „Dorffotograf“ bezeichnen. Er hinterließ zudem einen wertvollen Schatz von Fotoplatten zu den verschiedensten Themen rund um sein Heimatdorf Dörlinbach. Etliche Fotos die Wilhelm Rothweiler gemacht hat, finden sich unter anderem im 1994 erschienen „Heimatbuch Dörlinbach“ sowie im Buch „Erinnerungen an vergangene Tage“, das 1986 vom Historischen Verein Seelbach-Schuttertal herausgegeben wurde.
Die Liebe zum Fotografieren und Dokumentieren gab Wilhelm Rothweiler an seinen Sohn Joseph weiter. Wagnermeister Joseph Rothweiler (1902 bis 1982) war mit seiner Kamera bis ins hohe Alter bei allen Dörlinbacher Feierlichkeiten dabei. Mehr noch wie sein Vater wurde er zum Bildchronist des Dörlinbacher Dorfgeschehens. Denn Joseph Rothweiler war nicht nur auf den Festen und Feiern präsent. Er war auch jahrzehntelang der Ansprechpartner schlechthin, wenn jemand im Ort Familien- oder Porträtbilder benötigte. Vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren hat Joseph Rothweiler unzählige Fotos für Erstkommunionkinder und deren Familien gemacht. Selbst nach dem Tod von Personen war Joseph Rothweiler auf Wunsch zur Stelle. Denn in jenen Zeiten war es noch üblich, dass die Verstorbenen im Sarg ein letztes Mal abgelichtet wurden. So kam auch beim „Dorffotograf 2.0“ Joseph Rothweiler ein stattliches Archiv an bildhaften Zeitdokumenten zusammen, wovon heute ein Teil von dessen Sohn Hermann Josef (Jahrgang 1939) und ein Teil von dessen Enkelin Elisabeth (Jahrgang 1962) verwaltet wird. Einige Fotos aus diesen Archiven durften wir auch schon hier auf die Plattform www.doerlinbach800.de stellen.
Beim Betrachten von alten Fotos, sei es von Wilhelm oder Joseph Rothweiler oder von anderen Amateur- und Berufsfotografen, scheint sich der oder die eine vielleicht zu wundern, warum früher auf den meisten Fotos nie jemand gelächelt hat. Oft sind die Blicke starr, der Körper steif. Zum einen galt ein glückliches Lächeln als unschicklich, vor allem in der Anfangszeit von Wilhelm Rothweiler. Damals vertrat nämlich die Kirche noch die Auffassung, dass Lippen dazu da seien die Zähne zu bedecken. Grinsen wie ein Honigkuchenpferd war nur was für Idioten. Mit ein Grund war sicherlich aber auch, dass es technisch gesehen nicht ganz einfach war, ein Lächeln festzuhalten. Es sei denn, der oder die hatte beziehungsweise hatten gut trainierte Muskeln. Denn aufgrund der langen Belichtungszeiten konnte es schon mehrere Minuten dauern, ein Foto zu schießen. Die aufwändige Technik bewog die meisten auch dazu, meist nur ein Foto zu machen. Dies war später in den Zeiten von Joseph Rothweiler schon etwas anders. So sind in seinem Archiv durchaus auch schon Porträtaufnahmen mit einem Lächeln zu finden. Aber auch schon bei Wilhelm Rothweiler kam mit der Zeit das Lächeln vermehrt durch. Dies gelang ihm nicht nur dank immer besser werdender Technik, sondern weil er es immer mehr wagte, die Natürlichkeit, den Charme sowie die Eleganz in seine Fotografien gefühlvoll einfließen zu lassen.
Veröffentlicht am 9. Juni 2021 / red
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