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Die Gotteshäuser

Lesedauer: 5 Minuten

Vom Kirchlein zur heutigen Pfarrkirche

Der Historiker und Archivar Philipp Ruppert als auch der Heimathistoriker Ludwig Heizmann erwähnen in ihren Beiträgen beziehungsweise Publikationen, dass im Jahre 1132 der Bischof in Konstanz (ein Mitbruder des damaligen Abts von Ettenheimmünster) am gleichen Tag die Kirche in Wittelbach als auch das Kirchlein in Dörlinbach geweiht hatte. Das Kirchlein war für die Dörlinbacher vielmehr eine Kapelle, die nach der Dreifaltigkeit benannt wurde.

Pfarrkirche: Eindrücke von den Renovierungsarbeiten im Jahre 1982. Die Kirche wurde innen und außen grundlegend saniert.
Erst viele Jahre später – im Jahr 1334 – wurde das Dreifaltigkeits-Fest durch Papst Johannes XXII. In den römischen Kalender eingeführt. Dreifaltigkeit, Dreieinigkeit oder auch Trinität genannt ist die Lehre von der Dreiheit der Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist in der Einheit des göttlichen Wesens. Ob die Dörlinbacher daraufhin am Sonntag nach Pfingsten die Heilige Dreifaltigkeit als Patroziniumsfest gefeiert haben, darüber äußern sich die Historiker nicht.
Nach der Innenrenovierung der Pfarrkirche St. Johannes im Jahre 2021: Blick auf den Hochaltar.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Das Eingangsportal der „Ersatzkirche“ im Jahre 1982. Über mehrere Monate fanden die Gottesdienste in der alten „Stumpi“ im Mühlweg statt.

Die Dreifaltigkeits-Kapelle entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem erhaltenswerten Kleinod. Die Kapelle aus romanischer Zeit zählte zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu den ältesten christlichen Baudenkmälern unseres Landes (siehe dazu auch unter Blog-Beitrag „Gotteshaus ab 1132“ vom 12. März 2021). Doch in Dörlinbach wollten Anfang der 1920er-Jahre offensichtlich die Bürgerinnen und Bürger, deren damaliger Bürgermeister Anton Müllerleile (1854 bis 1923) als auch der zuständige Pfarrer Andreas Halter (1869 bis 1938) aus Schweighausen nichts davon wissen. Sie waren einvernehmlich für einen Abriss, um an gleicher Stelle eine neue, schönere Kirche zu erstellen. Gründe dafür waren unter anderem, dass das Kirchlein mittlerweile in einem sehr schlechten Zustand war und die Leute nach kirchlicher Selbstständigkeit strebten. Sie wollten von der alten Filialkirche einfach nichts mehr sehen. So stieß auch der Vorschlag der Denkmalpflege, die Kapelle trotz ihres schlechten Zustands in das Neubauvorhaben zu integrieren, in Dörlinbach auf keinen fruchtbaren Boden. Auch der ehemalige Konservator der kirchlichen Denkmäler, Joseph Sauer (1872 bis 1949), der sich entschieden gegen einen Abriss des damals knapp 800 Jahre alten Kulturdenkmal wehrte, fand keinerlei Gehör. Dennoch war eine Untersuchung der zuletzt aufgetretenen Schäden geplant. Doch zu dieser gründlichen Untersuchung der Putzschichten im Innenraum der Kapelle kam es nicht mehr. Denn Dörlinbachs Katholiken legten ohne weitere Rücksprache mit den übergeordneten Ämtern und Behörden im September 1922 das Baudenkmal aus romanischer Zeit in einer Art „Nacht und Nebel“-Aktion danieder. Das Schicksal der Dreifaltigkeits-Kapelle war besiegelt und somit verschwand für immer ein sakrales Kleinod aus der Region. Der Konservator und katholische Theologe Sauer kommentierte das Vorgehen in Dörlinbach abschließend so: „Abgerissen ist gleich! Aber was einmal zerstört ist, bleibt unwiederbringlich verloren.“ Die einzige Erinnerungen die bleiben: Das Würfel-Kapitell und das Masken-Kapitell am Südportal der neuen Kirche.

Neuer Kirchenbau
Für die neu zu bauende Kirche wurde eine Kostenschätzung von etwas mehr als 1,2 Millionen Mark errechnet. Am 24. September 1922 erfolgte die Grundsteinlegung. Das Langhaus war schließlich im Mai 1923 als Rohbau fertig und am 25. November des gleichen Jahres wurde das neue Gotteshaus von Pfarrer Halter benediziert (der Segen erteilt). In den Jahren 1938/1939 kam es unter Pfarrer Josef Schmid (1900 bis 1975) zu ersten Renovationsarbeiten. Die Kirche wurde ausgemalt und erhielt einen neuen Hochaltar sowie Beichtstühle. Der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre stammen von dem österreichisch-deutschen Bildhauer Peter Valentin (1877 bis 1962) aus Offenburg. Dem Porträt- und Kirchenmaler Josef Wagenbrenner (1880 bis 1953) aus Rastatt oblag es im Jahre 1939 das Gotteshaus auszumalen. Ein von Anton Singler (Jahrgang 1882 / Sterbedaten nicht bekannt) aus dem Durenbach gestiftetes Emmaus-Bild über dem Hochaltar blieb der Kirche erhalten. Anton Singler, der in Amerika zu Wohlstand gekommen war, wanderte bereits im Jahre 1907 aus. Das Gotteshaus, das mit einfachen Mitteln in einer schweren Zeit (die Mark verlor enorm an Wert durch eine Hyperinflation) gebaut wurde, hatte immer noch keinen „richtigen“ Kirchturm. Aber ein Geläut hatte die Kirche dennoch. Es gab nämlich einen „Notkirchturm“. Dieser bestand aus einem kleinen Dachreiter, in dem zwei kleine Glocken angebracht waren. Erst in den Jahren 1957 bis 1959 war es unter Pfarrer Franz Wölfle (1905 bis 1987) möglich, einen Kirchturm zu bauen. Die Pläne zum Glockenturm lieferte 1957 Architekt Matthias Faißt aus Seelbach, ein gebürtiger Dörlinbacher. Im März des darauffolgenden Jahres kam dann endlich die Genehmigung zur Anschaffung der Glocken aus Freiburg. Ein großer Festtag war es für die Dörlibacher dann auch, als die vier Glocken im Ort eintrafen. Zur feierlichen Glockenweihe am 9. November 1958 wurden die Glocken im Chorraum der Kirche aufgehängt. Die Pfarrkirche St. Johannes verfügt seither über ein vierstimmiges Geläut der Glockengießerei Friedrich Wilhelm Schilling welches am 8. Oktober des gleichen Jahres im Beisein von Dörlinbachs Stiftungs- und Gemeinderat in Heidelberg gegossen wurde. Firmenchef Friedrich Wilhelm Hans Kurt Schilling (1914 bis 1971) gehörte übrigens zu den bedeutenden Glockengießer seiner Zeit. In der Melodielinie der Dörlinbacher Glocken erklingt das sogenannte Idealquartett, was man mit „sonorem Motiv, volle Klangfülle und einladend“ übersetzen könnte. Abgeholt aus Heidelberg wurden die Glocken von dem damals im Ort ansässigen Fuhrunternehmen Rösch.
Glocken aus Heidelberg
In dieser Phase taktierten die Schuttertäler Ratsmitglieder sehr geschickt, so dass es tatsächlich zu einem einstimmigen Beschluss kam, beide Hallen zu bauen. Manch einer staunte, zumal nach einem vorangegangenen Diskussionsabend die Mehrheit der Ratsmitglieder aus Dörlinbach und Schweighausen noch gegen den gleichzeitigen Bau waren. Nachdem jedoch die Schuttertäler mit „Ja“ votierten, wollte sich wohl keiner der Räte aus Dörlinbach und Schweighausen den Schuh anziehen, dass in seinem Ort zunächst nicht gebaut werde. Dafür war der Druck und der Wunsch der Vereine viel zu groß. Ende 1982 war schließlich Baubeginn in Dörlinbach. Im Juni 1984 ging dann der große Wunsch der Bürgerinnen und Bürger endlich in Erfüllung. Die langersehnte Turn- und Festhalle konnte eröffnet werden. Zunächst war die Halle jedoch nur den Vereinen sowie deren Veranstaltungen vorbehalten. Dies sollte sich erst im Jahre 1996 ändern. Ein Bürger ließ seine Geburtstagsparty von einem Verein ausrichten, kurz darauf tat es ihm ein weiterer Bürger bei seinem runden Geburtstag nach. Schließlich änderte die Gemeinde ihre Mietkriterien, die Bürgerinnen und Bürger konnten jetzt auch privat die Halle zu besonderen Anlässen mieten. Die Dörlinbacher Halle wird heutzutage auch von Vereinen aus den Nachbarorten genutzt. Was umgekehrt auch für die Halle in Schweighausen gilt. Insgesamt ist die Gemeinde Schuttertal mit drei Hallen – in jedem Ortsteil eine – gut aufgestellt.

Kuriose Begleiterscheinungen

Eine davon soll hier nicht unerwähnt bleiben. Unter den vielen freiwilligen Helfern waren auch Horst Griesbaum (Jahrgang 1956), der später nach Amerika auswanderte, und Wolfgang Schätzle (Jahrgang 1956), der heute noch im Ort lebt. Die beiden jungen Männer hatten den Auftrag, die alte Kanzel seitlich des Marienaltars abzumontieren. Mit Hammer, Brecheisen und anderen Gerätschaften ging es die Treppe zur Kanzel hoch, um den Boden von den Balken zu lösen. Die älteren Helfer, die es eigentlich hätten wissen müssen, dachten nicht daran, die jungen Männer darüber zu informieren, dass der Boden einst von unten angenagelt wurde. Vielleicht hatten sie es auch nicht mehr gewusst. Und so kam es, dass urplötzlich der Boden nach unten wegbrach. Griesbaum konnte sich noch auf die beiden Balken retten, Schätzle donnerte hingegen mit der Kanzel nach unten. Zum Glück gab es nur ein paar Beulen und Blessuren. Kurze Zeit später kam der Pfarrer hinzu. Statt sich zunächst einmal nach dem Befinden der beiden Jungs zu informieren, kam ihm eine wohl für ihn viel größere Sorge über die Lippen: „Und ist die Kanzel noch ganz?“ Deren Korpus war in der Tat noch ganz, worauf der Pfarrer anordnete, dass die Kanzel zum Verwahren in den Kirchturm gebracht werden soll. Mit dieser Aufgabe wurden erneut die beiden jungen Männer betreut. Auf halben Wege kam ihnen jedoch ein Vertreter des Kirchenbauamts entgegen, der ihnen klar machte, dass die Kanzel keinerlei historischen Wert habe und es unsinnig sei die Kanzel im Turm aufzubewahren. Oft werden Kanzeln künstlerisch wertvoll gestaltet, aber davon konnte in Dörlinbach keine Rede sein. Das Klang wie Musik in den Ohren der jungen Helfer. Den Weg aus dem Turm zurück kürzten sie ab und donnerten die Kanzel von der Vorbühne aus nach unten auf den Kirchenboden. Diesmal zerbrach die Kanzel wirklich in „tausend Stücke“. Natürlich mussten die jungen Männer die nun auf dem Kirchenboden zerstreuten Teile einsammeln und entsorgen, aber das machten sie mit einem breiten Lächeln. Ob es dazu einen weiteren Kommentar vom Pfarrer gegeben hat, ist nicht überliefert. Apropos Kanzel: Die war für Dolls Vorgänger wohl einer seiner „Lieblingsplätze“. Pfarrer Franz Wölfle liebte es von „seinem Balkon“ zu predigen. Und seine Ansprachen von hoch oben hatten es wahrlich in sich. Denn nicht nur „Gottes Wort“ wurde von dort verkündet, sondern auch so mancher „Fehltritt“ der Gläubigen. Dabei verstand es Wölfe die Vorfälle so in Worte zu fassen, dass zwar jeder im Ort wusste wer gemeint war, aber niemals dessen oder deren Namen dem Pfarrer über die Lippen kamen. Es soll heute noch Leute im Ort geben, die ihn für diese Gabe bewundern.

Letzte Renovation

Die letzte große Renovation erfolgte im Februar und März 2021 unter Pfarrer Johannes Mette (Jahrgang 1970), dem Leiter der Seelsorgeeinheit „Kirche an der Schutter“. Da sie mitten in die Corona-Pandemie fiel und ohnehin Einschränkungen galten, war diesmal keine „Ersatzkirche“ von Nöten. Sechs Wochen lang war die Kirche gesperrt, konnten keine Gottesdienste abgehalten werden. Die Kirche erstrahlt nun wieder in einem hellen und freundlichen Glanz. Und es gibt einige sichtbare Veränderungen, die bei früheren Renovationen aus dem Inneren des Gotteshaus verschwanden und nun wieder in das Gesamtbild integriert wurden. Das einst von dem Auswanderer Anton Singler gespendete Emmaus-Bild von Künstler Josef Wagenbrenner, das zunächst Jahrzehnte lang über dem Hochaltar thronte und bei der letzten Innenrenovierung in die Sakristei „verbannt“ wurde, ist wieder Teil der Innenansicht. Es hängt nun an der rechten Seitenwand nahe des Josefsaltars, wo es schon einmal über viele Jahre hinweg gehangen hatte. Hervorgeholt wurde auch wieder der Aussetzungsthron über dem Tabernakel mit dem bekrönenden Pelikannest. Die Bekrönung mit dem Pelikannest geht übrigens auf die Legende zurück, nach der eine Pelikanmutter ihre Jungen in Notzeiten mit dem eigenen Blut ernährt. Das sah man als Symbol für den Opfertod Christi. Weiter wurden auch die beiden schwebenden Engel wieder hervorgeholt und an ihrem einst angestammten Platz links und rechts des Aussetzungsthrons angebracht wurden.

 

In den 1950er-Jahren kam ein weiteres Gotteshaus hinzu – die Kapelle auf dem Kappelberg. Der im Oktober 1955 eingeweihten Gedächtniskapelle haben wir einen eigenen Blog-Beitrag gewidmet. Siehe unter „Die Gedächtniskapelle“ vom 13. März 2021. Weitere Infos zur Kapelle gibt es auch im Blog-Beitrag „Die 5. Infanterie- und Jäger-Division“ vom 4. Mai 2021 sowie im kürzlich erschienen Blog-Beitrag „General-Verdacht im Schuttertal“ vom 25. August 2021.

Veröffentlicht am 27. August 2921 / red

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

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