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Schönstatt in weiter Welt

Lesedauer: 4 Minuten

Bericht von Schwester M. Fiatis Schätzle

Heute widmen wir uns einer der ersten Ausgaben von „Schönstatt in weiter Welt“, ein Heftchen mit Beiträgen aus der Missions- und Auslandsarbeit der Schönstätter Marienschwestern. Es geht um die Ausgabe Nr. 2 vom Juli 1983. Darin berichtet die gebürtige Dörlinbacherin Schwester Maria Fiatis Schätzle über ihre damalige Arbeit in Argentinien, verbunden mit dem Dank an alle Wohltäterinnen und Wohltäter in der Heimat .

Schwester M. Fiatis wirkte unter den Ärmsten der Armen in Argentinien. 1949 verließ sie ihre Heimat Dörlinbach und ging in die Mission nach Argentinien.

Insgesamt neun junge Frauen aus Dörlinbach traten dem Säkularinstitut der Schönstätter Marienschwestern bei, was letztlich vor allem ein Verdienst von Pfarrer Josef Schmid (1900 bis 1975) gewesen war, der von 1936 bis 1955 als Seelsorger in Dörlinbach wirkte und in dieser Zeit im Ort eine Schönstattbewegung aufbaute (siehe auch unter Blog-Beitrag „Ordensschwestern aus Dörlinbach“ von 12. Juli 2021). Unter diesen Frauen war Maria Elisabeth Schätzle (1923 bis 1993), die als Schwester Maria Fiatis 40 Jahre in der Mission tätig war.

Das Original: Umschlagseite von „Schönstatt in weiter Welt“, Ausgabe Nr. 2, Juli 1983. Darin schreibt Schwester M. Fiatis über ihre Arbeit in Argentinien.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Schwester M. Fiatis wirkte unter den Ärmsten der Armen in Argentinien. 1949 verließ sie ihre Heimat Dörlinbach und ging in die Mission nach Argentinien.
Den Bericht von Schwester Fiatis aus dem Jahre 1983 veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung der Missionszentrale, allerdings angepasst an die heutige Rechtschreibung. Die Originalseiten sind der Galerie als Fotobeleg beigefügt. Nachfolgend nun jener Brief, den Schwester M. Fiatis damals aus Accasuso in Argentinien an alle lieben Wohltäter und Missionsfreunde schrieb und in der Ausgabe Nr. 2 von „Schönstatt in weiter Welt“ veröffentlicht wurde.
Schwester Fiatis schreibt:
„Tiefe Dankbarkeit ist der Beweggrund dieses schlichten Berichtes. Dankbarkeit allen Wohltätern gegenüber – sei es für die Unterstützung durch ihr Gebet oder die hochherzige materielle Hilfe. Ein herzliches Vergelt's Gott allen, besonders allen Helfern der Schwarzwaldheimat. Ich möchte ein wenig von zwei Gebieten berichten, in denen wir Schwestern zu helfen versuchen. Da sind zuerst die großen Massenküchen, in denen besonders Kinder, aber auch arme Erwachsene täglich einmal ein warmes Essen bekommen. In unserer Stadt mit vielen Armenvierteln gibt es einige dieser Volksküchen. Wir sorgen mit, dass eine von ihnen, die wohl die Ärmsten beköstigt, bestehen kann. Bei meinem ersten Besuch fand ich einen kleinen Herd vor, der mit Propangas betrieben wurde und nur zwei Flammen hatte. Jeden Tag musste für 200 Kinder gekocht werden. Unter schier unmöglichen Bedingungen bereiteten die Frauen das Essen zu. Als erstes besorgten wir einen großen Kochtopf, und nach und nach andere Geräte, die die Arbeit erleichterten. Der „Essraum“ besteht aus einer Baracke. Die auf Gestellen ausgelegten Bretter dienen, je nachdem, als Tisch oder Sitzgelegenheit. Trotz der primitiven Zustände sind die Kinder und Erwachsenen froh, dass sie einmal am Tag ein warmes Essen bekommen. Und auch wir freuen uns, helfen zu können. Ohne die von uns beigesteuerten Lebensmittel hätte man die Küche längst schließen müssen. Unsere Sorge gilt auch dem Barrio (bedeutet Elendsviertel) Chacabuco. Dieses „Barrio“ ist langsam angewachsen. Die Familien kamen aus dem Inneren des Landes und suchten in der Umgebung von Buenos Aires (30 km) bessere Lebensverhältnisse. Bei der großen Mission im Jahre 1960 waren es erst wenige Leute, die sich dort niedergelassen hatten. Sie bauten sich mit eigenen Händen eine Schule (damals nur zwei Räume) und eine Kapelle, dem Heiligen Cajetan geweiht, dem Schutzpatron für Arbeit und Brot. Seit 1960 arbeitet dort Schwester Almaris, die auf allen Gebieten nach dem Rechten sieht, im kommunalen wie im kirchlichen Bereich. Chacabuco hat sich inzwischen vergrößert. Die Zahl der Schulkinder beträgt etwa 950. In einem angrenzenden „Barrio“ sind es 1250 Kinder. In einem weiteren Nachbargebiet, das vor ein paar Jahren noch Brachland war, hat sich in den letzten Jahren eine fast unübersehbare Zahl an Familien niedergelassen, die oft in primitivsten Verhältnissen leben. Es herrscht großes Elend und wird noch viel Zeit brauchen, bis sich die Wohnverhältnisse auch nur einigermaßen normalisieren. Einige konkrete Beispiele: In einer Familie leben sechs Kinder zwischen zwei und 17 Jahren mit Vater und Mutter in einem einzigen Schlafraum. Die Küche ist halb so groß wie das „Schlafzimmer“. Die acht Personen können sich nicht gleichzeitig an den Tisch setzen. Bei starkem Regen läuft das Regenwasser durch das Haus, weil der Boden zu tief liegt. Nebenan steht schon drei Jahre ein „Bau“, das heißt vier Wände ohne Dach. Es ist dem Vater nicht möglich, den Bau zu decken. Sein Verdienst reicht gerade zum Leben. Wir haben der Familie nun das Material gekauft und auch einige freiwillige Arbeiter gewonnen. Die Familie ist überglücklich und dankbar. Die älteste Tochter ist krank und kann nicht arbeiten, der älteste Sohn bekommt keine Arbeit. Er hilft nun dem Vater bei kleinen Extra-Arbeiten. Die Mutter verdient sich eine Kleinigkeit durch das Putzen der Kapelle. Bei einer anderen Familie regnete es auf die Betten. Die fünf Kinder schliefen mit Vater und Mutter auf einer Bank in der Küche, weil die vorhandenen Betten wegen des Regens nicht aufgestellt werden konnten. Auch hier wurde durch unsere Hilfe das Dach repariert. Wir halfen der Familie mit Kleidern und Wäsche, verschafften der Mutter und dem 15-jährigen Jungen Gelegenheitsarbeiten, damit sie etwas mehr verdienen. Der Vater ist nur Gelegenheitsarbeiter, kümmert sich aber wenig um die Familie. Die Mutter spart und spart, damit das Häuschen endlich einen Zementfußboden bekommt. Bis jetzt steht das Mobiliar auf der lehmigen Erde. In einem weiteren Fall wohnen sechs Waisenkinder im Alter von neun bis 20 Jahren in einem „Rancho“ (primitive, aus Lehm gebaute Wohnung), die eine Höhle glich. Unter fünf Jungen war ein Mädchen, das jüngste unter sechs Geschwistern. Alle sechs schliefen in zwei Betten. Der Bettrost hatte an den vier Enden Ziegelsteine als Füße. Matratzen und Decken verdienten eigentlich nicht, so genannt zu werden. Wir suchten als erstes eine Unterkunft für das Mädchen und eine weitere für den kleinsten Jungen. Die vier älteren Brüder hausen heute noch in ihrem „Rancho“. Sie gehen arbeiten, haben aber nicht viel füreinander übrig. Das Mädchen versorgen wir nun mit Wäsche, Kleidung und Schulmaterial und decken einen Teil der Verpflegungskosten, da die Familie, die es aufnahm, selbst nur das Notwendigste hat. Der Hauptgrund für die unvorstellbare Armut liegt wohl darin, dass die Bevölkerung in Florencio Varela und Umgebung um 125 Prozent zugenommen hat. Viele kinderreiche, arme Familien siedelten sich an. Sie kamen zum Teil aus dem Norden des Landes, so aus Misiones, Chaco und auch aus den Nachbarländern Bolivien und Paraguay. Mut und Möglichkeiten zum Helfen gibt uns immer wieder die Unterstützung aus der Heimat. Darum: Herzlichen Dank für gar alles!“
Weitere Infos

Weitere Infos zu der aus Dörlinbach stammenden Schönstätter Marienschwester könnt ihr unter Blog-Beitrag „Schwester Maria Fiatis Schätzle“ vom 15. Februar 2021 und zur Hilfe aus Dörlinbach unter Blog-Beitrag „Dörlinbacher Missionsbasar“ vom 1. Juli 2021 nachlesen.

Veröffentlicht am 15. Mai 2023 / red / siww

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

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