Zeitreise in die Vergangenheit
Die Welt der Post-, Gruß- und Ansichtskarten
Heutzutage sind Postkarten als Kommunikationsmittel fast verschwunden, aber sie bleiben faszinierende Zeugnisse vergangener Zeiten. Die farbenfrohen Lithographie-Abbildungen, die Fotos von Gasthöfen und Vereinen, die Ansichten von Kirchen und Brunnen – all dies erzählt uns ein Stück Geschichte und zeigt uns, wie sich das Leben und die Werbewelt in Dörlinbach im Laufe der Jahrzehnte verändert haben.
Gruß- und Ansichtskarten als Werbemittel
Zurück zu jenen, die schon einige Jahre nach dem Versand der ersten Postkarte bis weit in 1980er-Jahre hinein damit Werbung für ihren Betrieb beziehungsweise ihre Gastwirtschaft betrieben. Nachfolgende Generationen nutzten jedoch die Möglichkeit, die Ansichtskarten mit farbigen Bildern zu gestalten. Auffallend bei zwei Beispielen aus den 1970er-Jahren ist, dass sowohl der „Löwen“ als auch der „Engel“ nur noch Karten mit Außen und Innenaufnahmen ihrer Lokalität gestalten ließen. Aufnahmen von anderen Blickfängen im Ort oder Ansichten vom Ortskern waren passe. Der „Engel“ hatte sogar die Außenaufnahme des Gastronomie-Gebäudes mit einer Innenaufnahme des Cafés auf einer Karte vereint. Eine Karte mit viel Zeitgeschichte: Das Gasthaus, das einst aus einer Trinkstube aus dem 14. Jahrhundert hervorging, gibt es zwar heute noch immer, aber nicht mehr den rechts ins Foto hineinblickenden „Soldaten“. Jenes Krieger-Ehrenmal wurde nämlich aus der Ortsmitte „verbannt“ (siehe dazu Blog-Beitrag „Das Krieger-Ehrenmal vom 10. März 2021). Geschichte ist inzwischen auch das „Engel“-Café, die Räumlichkeit wird inzwischen nur noch für private Zwecke genutzt. Während in den Wirtshäusern natürlich vorrangig die eigenen Ansichtskarten angeboten wurden, waren in den Geschäften überwiegend Gruß- und Ansichtskarten mit örtlichen sowie regionalen Sehenswürdigkeiten gefragt. Vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren waren diese dank der Kurgäste aus den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen sehr gefragt. Es war sozusagen die „Hoch-Zeit“ der Ansichtskarten. So gibt es zahlreiche Motive vom Ort aus allen Jahreszeiten und vor allem Kur- und Brunnenanlagen rückten in den Blickpunkt der Kartenhersteller. Das lag in erster Linie an dem damaligen Verkehrsverein (gegründet 1966), dessen Mitglieder diese Kur- und Brunnenanlagen nach und nach im Ort erstellt hatten. Über den Werdegang des Dörlinbacher Verkehrsvereins sowie auch über einzelne öffentliche Brunnenanlagen haben wir bereits am 20. Mai 2021 im Blog-Beitrag „Verkehrsverein Dörlinbach“ berichtet. Zu den Geschäftsleuten, die eigene Ansichtskarten herausgaben, gehörte übrigens auch Erich Josef Ohnemus (1921 bis 2008), dem nicht nur ein Lebensmittelladen an der Hauptstraße gehörte. Er hielt auch immer wieder das dörfliche Leben mit seinem Fotoapparat und seiner Filmkamera fest. Unter anderem können zwei Filme von Ohnemus zu Dörlinbachs 750-Jahr-Feier im Jahre 1975 auf unserer Video-Seite sowie auch auf YouTube abgerufen werden. Eine von Erich Josef Ohnemus herausgegebene Ansichtskarte zeigt ein tolles Panorama von Dörlinbach. Aufgenommen von der Westseite oberhalb des Oberrains mit Blick auf den Dorfkern, die Siedlung und auch ein Großteil des Neudorfs ist zu sehen. In der Gutenbergstraße wird noch munter gebaut, einige Häuser stehen noch gar nicht, und am Kappelberg haben zu jener Zeit noch keinerlei Bautätigkeiten begonnen. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme ist vermutlich Mitte oder Ende der 1960er-Jahre entstanden.
Neben Geschäftsleuten und Verlagen boten ab den 1980er-Jahren immer wieder einmal auch private Personen Ansichtskarten von Dörlinbach an. Zu ihnen gehörten Wilhelm Billharz (Jahrgang 1964) und Wolfgang Schätzle (Jahrgang 1956), die auch noch im neuen Jahrtausend Ansichtskarten in kleinen Auflagen anboten. Auch der örtliche Musikverein ließ Gruß- und Ansichtskarten anfertigen. Sie zeigen auch ein Stück weit altes Handwerk. Die Aufnahmen zu den Karten entstanden alle vor der 1979 errichteten Prinschbachhütte. Ein Postkarten-Motiv zeigt die musizierende Trachtenkapelle, davor vier Musiker, die mit Axt und Säge im Takt das Holz bearbeiten. Das zweite Motiv ist der damals noch dem Musikverein angegliederten Trachtentanzgruppe mit der Bauernkapelle gewidmet. Und es gibt noch eine dritte Karte, bei der mittig der Schriftzug „Trachten- und Volkstanzgruppe Dörlinbach“ angeordnet ist. Oberhalb des Schriftzugs ein Blick aufs Dorf, unterhalb auf der linken Seite die Trachtentanzgruppe beim Reigentanz, rechts als Gruppe, jeweils vor besagter Prinschbachhütte. In der heutigen Zeit sind Ansichtskarten kaum noch gefragt, zumindest hier im Ort werden nur noch wenige Motive im einzigen Laden, dem IK-Geschäft von Erika Erna Griesbaum (Jahrgang 1948) und ihrem Sohn Jochen Griesbaum (Jahrgang 1972) angeboten. Darunter sind jedoch nur noch Ansichts- und Grußkarten aus der Region beziehungsweise dem Schwarzwald sowie die bislang letzte Ansichtskarte in Verbindung mit Dörlinbach. Die Karte wurde von der Gemeinde (Tourist-Info Schuttertal) herausgebracht: „Schau mal an! Schuttertal – Dörlinbach – Schweighausen“, lautet das Motto der Karte, die ein Panoramabild als Grundlage hat, versehen mit vier Einklinkern auf der linken Seite. Zwei davon zeigen Dörlinbacher Motive: Der Barfußpark oberhalb der Prinschbachhütte und das Freizeit-Reitangebot vom Engelhof im Durenbach, unterwegs bergauf im Prinschbachtal mit Blick zum Hof und ins Dorf. Es soll nicht unerwähnt bleiben: Das Lebensmittelgeschäft Griesenbaum hat in früheren Jahren selbst eine Ansichtskarte herausgegeben. Wie schon einst das Lebensmittelgeschäft Ohnemus verzichtete dabei auch Lebensmittel Griesbaum auf Motive, die ihr Geschäft beziehungsweise ihren Laden zeigen. Im Zentrum der Karte ein Motiv das einen Blick auf Dörlinbach von der Kappelberg-Seite her gewährt. Um dieses Dörlinbach-Motiv sind weitere Motive aus der Gesamtgemeinde Schuttertal angeordnet.
Kirchliche Darstellungen
Ganz zum Schluss noch ein Wort zum kirchlichen Leben im Ort, denn dieses war viele Jahrzehnte auch auf Post- und Ansichtskarten präsent. Insbesondere in jener Zeit, wo vor allem die Schwarz-Weiß-Fotografie die Postkartenszenerie beherrschte. Etliche Postkarten gibt es noch aus November 1959 mit Motiven von der Glockenweihe. Auf den Karten sind neben den Glocken auch Dörlinbacher Bürgerinnen und Bürger festgehalten. Es sind Szenen vom Eintreffen der Glocken in Dörlinbach, aufgereiht auf der Pritsche des festlich geschmückten Lastwagens des Fuhrunternehmers Wilhelm Rösch (1927 bis 2005), der die Glocken in der Gießerei in Heidelberg abgeholt hatte. Gleich drei Postkarten wurden in jener Zeit von der im Jahre 1955 eingeweihten Kriegergedächtniskapelle (heute: Gedächtniskapelle oder Marienkapelle) auf dem Kappelberg angeboten. Zwei Innenaufnahmen sowie eine Außenaufnahme auf der bei genauerem Hinsehen vor dem Eingangsportal der damalige Ortspfarrer Franz Wölfle (1905 bis 1987) zu sehen ist. Infos zur Kapelle siehe unter Blog-Beitrag „Die Gedächtniskapelle“ vom 13. März 2021 und zum damaligen Ortspfarrer unter Blog-Beitrag „Pfarrer Franz Wölfle“ vom 5. April 2021. Eine Ansichtskarte von der Pfarrkirche St. Johannes, sofern es eine gegeben hatte, konnten wir bislang nicht auffinden. Aber dafür zwei Postkarten mit Innenansichten. Ein umfasst den Kirchenraum mit Blick zum Altar, die andere zeigt das Deckengemälde, das bei der Generalsanierung im Jahre 1982 unter einer Holzdecke verschwand. Es ist eine Darstellung von Christi Himmelfahrt (siehe hierzu Blog-Beitrag „Gotteshaus ab 1132“ vom 12. März 2021).
Nierenbrunnen ein beliebtes Postkarten-Motiv
Eines der beliebtesten Motive auf Post- und Ansichtskarten war ab den 1970er-Jahren hier im Ort der Nierenbrunnen, den eigentlich nur „Springbrunnen“ nennen. Auf einer Ansichtskarte ist der Nierenbrunnen sogar gleich dreimal abgebildet. Lediglich im ersten Motivfenster mit Blick auf den Ortskern ist der Brunnen nicht zu sehen. Infos zu der größten und zugleich ortsbildprägenden Brunnenanlage gibt es unter anderem auch im Blog-Beitrag „Brunnendorf Dörlinbach“ vom 10. April 2021.
Veröffentlicht am 19. September 2021 / red
Visuelle Impressionen zur Geschichte:
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