Die Gotteshäuser
Vom Kirchlein zur heutigen Pfarrkirche
Der Historiker und Archivar Philipp Ruppert als auch der Heimathistoriker Ludwig Heizmann erwähnen in ihren Beiträgen beziehungsweise Publikationen, dass im Jahre 1132 der Bischof in Konstanz (ein Mitbruder des damaligen Abts von Ettenheimmünster) am gleichen Tag die Kirche in Wittelbach als auch das Kirchlein in Dörlinbach geweiht hatte. Das Kirchlein war für die Dörlinbacher vielmehr eine Kapelle, die nach der Dreifaltigkeit benannt wurde.
Die Dreifaltigkeits-Kapelle entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem erhaltenswerten Kleinod. Die Kapelle aus romanischer Zeit zählte zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu den ältesten christlichen Baudenkmälern unseres Landes (siehe dazu auch unter Blog-Beitrag „Gotteshaus ab 1132“ vom 12. März 2021). Doch in Dörlinbach wollten Anfang der 1920er-Jahre offensichtlich die Bürgerinnen und Bürger, deren damaliger Bürgermeister Anton Müllerleile (1854 bis 1923) als auch der zuständige Pfarrer Andreas Halter (1869 bis 1938) aus Schweighausen nichts davon wissen. Sie waren einvernehmlich für einen Abriss, um an gleicher Stelle eine neue, schönere Kirche zu erstellen. Gründe dafür waren unter anderem, dass das Kirchlein mittlerweile in einem sehr schlechten Zustand war und die Leute nach kirchlicher Selbstständigkeit strebten. Sie wollten von der alten Filialkirche einfach nichts mehr sehen. So stieß auch der Vorschlag der Denkmalpflege, die Kapelle trotz ihres schlechten Zustands in das Neubauvorhaben zu integrieren, in Dörlinbach auf keinen fruchtbaren Boden. Auch der ehemalige Konservator der kirchlichen Denkmäler, Joseph Sauer (1872 bis 1949), der sich entschieden gegen einen Abriss des damals knapp 800 Jahre alten Kulturdenkmal wehrte, fand keinerlei Gehör. Dennoch war eine Untersuchung der zuletzt aufgetretenen Schäden geplant. Doch zu dieser gründlichen Untersuchung der Putzschichten im Innenraum der Kapelle kam es nicht mehr. Denn Dörlinbachs Katholiken legten ohne weitere Rücksprache mit den übergeordneten Ämtern und Behörden im September 1922 das Baudenkmal aus romanischer Zeit in einer Art „Nacht und Nebel“-Aktion danieder. Das Schicksal der Dreifaltigkeits-Kapelle war besiegelt und somit verschwand für immer ein sakrales Kleinod aus der Region. Der Konservator und katholische Theologe Sauer kommentierte das Vorgehen in Dörlinbach abschließend so: „Abgerissen ist gleich! Aber was einmal zerstört ist, bleibt unwiederbringlich verloren.“ Die einzige Erinnerungen die bleiben: Das Würfel-Kapitell und das Masken-Kapitell am Südportal der neuen Kirche.
Kuriose Begleiterscheinungen
Letzte Renovation
Die letzte große Renovation erfolgte im Februar und März 2021 unter Pfarrer Johannes Mette (Jahrgang 1970), dem Leiter der Seelsorgeeinheit „Kirche an der Schutter“. Da sie mitten in die Corona-Pandemie fiel und ohnehin Einschränkungen galten, war diesmal keine „Ersatzkirche“ von Nöten. Sechs Wochen lang war die Kirche gesperrt, konnten keine Gottesdienste abgehalten werden. Die Kirche erstrahlt nun wieder in einem hellen und freundlichen Glanz. Und es gibt einige sichtbare Veränderungen, die bei früheren Renovationen aus dem Inneren des Gotteshaus verschwanden und nun wieder in das Gesamtbild integriert wurden. Das einst von dem Auswanderer Anton Singler gespendete Emmaus-Bild von Künstler Josef Wagenbrenner, das zunächst Jahrzehnte lang über dem Hochaltar thronte und bei der letzten Innenrenovierung in die Sakristei „verbannt“ wurde, ist wieder Teil der Innenansicht. Es hängt nun an der rechten Seitenwand nahe des Josefsaltars, wo es schon einmal über viele Jahre hinweg gehangen hatte. Hervorgeholt wurde auch wieder der Aussetzungsthron über dem Tabernakel mit dem bekrönenden Pelikannest. Die Bekrönung mit dem Pelikannest geht übrigens auf die Legende zurück, nach der eine Pelikanmutter ihre Jungen in Notzeiten mit dem eigenen Blut ernährt. Das sah man als Symbol für den Opfertod Christi. Weiter wurden auch die beiden schwebenden Engel wieder hervorgeholt und an ihrem einst angestammten Platz links und rechts des Aussetzungsthrons angebracht wurden.
In den 1950er-Jahren kam ein weiteres Gotteshaus hinzu – die Kapelle auf dem Kappelberg. Der im Oktober 1955 eingeweihten Gedächtniskapelle haben wir einen eigenen Blog-Beitrag gewidmet. Siehe unter „Die Gedächtniskapelle“ vom 13. März 2021. Weitere Infos zur Kapelle gibt es auch im Blog-Beitrag „Die 5. Infanterie- und Jäger-Division“ vom 4. Mai 2021 sowie im kürzlich erschienen Blog-Beitrag „General-Verdacht im Schuttertal“ vom 25. August 2021.
Veröffentlicht am 27. August 2921 / red
Visuelle Impressionen zur Geschichte:
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