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Aus dem Ortsbild verschwunden – Teil 1

Lesedauer: 7 Minuten

Gebäude, Gedenkstätten, Kunstwerke und mehr

Einen Blick in die Geschichte des Dörlinbachs zu werfen, heißt auch den Blick auf verschwundene Häuser oder Denkmäler beziehungsweise veränderte Häuser und Denkmäler zu richten. Manche Abrisse waren unumgänglich andere hingegen „schmerzen“ bis heute. Alle sind oft steinerne Zeugen, die einst den Ort prägten.

Eine Ansicht von der Herrenmatt, die es so nicht mehr gibt. Der freie Platz ist heute Parkfläche für die Festhalle, Wohnhaus und Schuppen wurden für Neubauten abgerissen.

In diesem Blog-Beitrag wollen wir an jene Gebäude und Gedenkstätten erinnern. Aber auch an veränderte Plätze oder einfache aber markante Schuppen. Es sind bei weitem längst noch nicht alle. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt uns noch einmal dieser Thematik in einem weiteren Blog-Beitrag widmen. Genau gesagt, wenn wir entsprechendes Bildmaterial vorliegen haben.

„S' Schnienderseppe Hus“ auf der Herrenmatte wurde zugunsten eines Neubaus abgerissen.
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Der Blick auf das Wohn- und Geschäftshaus der Schätzles in der Hauptstraße. Das Haus gibt es noch, allerdings mit Anbau und ohne Vorgarten, Zaun und Fensterläden.

Das sicherlich bedeutendste Bauwerk ist zugleich eines der ältesten im Ort gewesen. Die Dreifaltigkeitskapelle, die meist nur das „alte Kirchlein“ genannt wurde. Auf ihrem Platz steht heute die Pfarrkirche St. Johannes (siehe dazu unter Blog-Beitrag „Gotteshaus ab 1132“ vom 12. März 2021). Dieses erste Gotteshaus im Ort war zweifelsohne ein Juwel aus romanischer Zeit und wäre im Jahre 2032 wie die noch bestehende Wittelbacher Kirche 900 Jahre alt geworden. Doch in Dörlinbach wollte oder konnte man den kulturhistorischen Wert des Kirchleins nicht erkennen und riss im Jahre 1922 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das Kirchlein ab, um an selbiger Stelle eine neue, größere Kirche zu bauen. Pläne das zu den ältesten christlichen Baudenkmälern der Region zählenden Kirchlein zu erhalten und in den Bau der neuen Kirche zu integrieren, stießen in Dörlinbach und insbesondere beim damaligen Bürgermeister Anton Müllerleile (1854 bis 1923) sowie auch dem zuständigen Pfarrer aus Schweighausen, Andreas Halter (1869 bis 1938), auf taube Ohren.

Nur unweit vom alten Kirchlein steht im Dorfweg das sogenannte „Hisle“, in dem einst Apollonia Ohnemus (1897 bis 1978), die über viele Jahre hinweg sowohl in der alten Kapelle Zur Dreifaltigkeit sowie in der in den Jahren 1922 und 1923 neu erbauten Kirche den Mesnerdienst versah. In dem kleinen Häuschen wohnten einst auch die ledigen Frauen Appolonia (1855 bis 1939) und Barbara Weber (1843 bis 1928), die ihre Spuren in Dörlinbach vor allem dadurch hinterließen, dass sie für die Ortsbewohner nähten, bügelten und Hemden stärkten. Und Barbara Weber verdiente sich zusätzlich Geld, indem sie im Anliegen und Auftrag von Dorfbewohnern auf Wallfahrt ging – zu Fuß zur „Schwarzen Madonna“ ins schweizerische Einsiedeln. Das „Hisle“ ist dem Ortsbild erhalten geblieben, allerdings präsentiert sich das umgebaute Haus heute in einem völlig neuen Erscheinungsbild.

Herrenmatt im Wandel

Komplett verändert hat sich der Blick zur Herrenmatte. Zunächst verschwand „Schnienderseppe Hus“. In jenem Haus wohnte einst der Wagnermeister, Chronist und Dorffotograf Joseph Rotweiler (1902 bis 1982), der bis ins hohe Alter alle Feierlichkeiten im Ort mit seiner Kamera festhielt (siehe auch unter „Bildchronisten von einst“ vom 9. Juni 2021). Seit den 1990er-Jahren steht dort ein neues Wohnhaus. Gegenüber auf den anderen Seite zur Blumenstraße hin stand einst ein alter Schuppen und gleich daneben das Zementlager von Hermann Faißt (1929 bis 2000). Auch diese verschwanden aus dem Ortsbild zugunsten dem Bau einer Sparkasse. Aber auch die Sparkassen-Filiale ist längst Geschichte. Das Gebäude mit Filiale im Erdgeschoss und Wohnungen in den oberen Stockwerken wurde inzwischen zu einem reinen Wohngebäude umfunktioniert. Die größte Veränderung gab es auf der Herrenmatt entlang der Schutter. Der riesige unbefestigte Platz Richtung Süden, der unter anderem als Festplatz und auch als Parkfläche diente und an dessen Südecke sich zeitweise auch ein Spielplatz befand, wurde in den 1980er-Jahren buchstäblich umgekrempelt. Der Spielplatz wurde zur heutigen Grundschule hin verlegt, denn die Fläche wurde für den Bau einer Turn- und Festhalle benötigt. Diese wurde im Jahre 1984 eingeweiht. Die Fläche davor wurde teils begrünt, teils für Parkplätze gepflastert. Und im vorderen Bereich zur Herrenmatt-Brücke hin wurde zudem im Jahr des Hallenbaus der Vier-Jahreszeiten-Brunnen installiert. Zurück bleiben die Erinnerungen an den „Schniendersepp“, der meist an seinem Hauseingang die Kommunionkinder ablichtete, an Hermann Faißt, der in seinem Zementlager herumhantierte, an den Gärtner und Gemüsehändler Herbert Josef Wehrle (1933 bis 2020), der täglich seinen legendären ockerfarbenen Kleinlaster auf dem alten Festplatz abstellte und an all die Kinder und jungen Leute, die sich auf dem Spielgelände tummelten. Für die meisten Jugendlichen im Ort war der Spielplatz der zentrale Treffpunkt in jenen Jahren (siehe dazu unter Blog-Beitrag „Spielplatz Herrenmatt“ vom 28. März 2021).

Nun ein Blick in den Schätzleweg. Dort stand früher die „Residenz“ der erst Schätzles im Ort (deshalb auch der Name „Schätzleweg“). Das Wohnhaus steht zwar noch, allerdings umgebaut und in einem ganz anderen Erscheinungsbild. Ähnliches gilt auch für das Wohnhaus von Alois Schätzle (1890 bis 1960) und dessen Ehefrau Maria Theresia (1895 bis 1966) geborene Edte in der Hauptstraße. Allerdings sind dort beispielsweise die Giebelverzierungen und Dachgauben noch erhalten. Weitere Infos zu den Schätzles gibt es auch unter Blog-Beitrag „Erinnerung an die Ahnen“ vom 3. April 2022. Nur unweit von dem Schätzle-Wohnhaus in der Hauptstraße befand sich der ehemalige Kurpark mit einer Miniaturgolfanlage. Sowohl der untere Platz mit dem Nierenbrunnen (auch Springbrunnen genannt) als auch der obere Platz, wo man Minigolf spielen konnte, waren jahrzehntelang das touristische Aushängeschild von Dörlinbach. Für die Minigolfanlage kam allerdings im Jahre 2011 das „Aus“. Sie wurde durch eine Pit-Pat-Anlage ersetzt. Mehr dazu in den Blog-Beiträgen „Verkehrsverein Dörlinbach“ vom 20. Mai 2021 sowie „Miniaturgolf in Dörlinbach“ vom 14. Dezember 2021.

Der Soldat und die bunte Bäuerin mussten weichen

Kommen wir zum sogenannten „Soldaten“, der bei seinem unfreiwilligen Wegzug von der Ortsmitte in eine Kaserne in den Hochschwarzwald für große Empörung im Ort sorgte. Die Bevölkerung wurde nicht gefragt, der Gemeinderat beschloss einfach seine „Verbannung“ in nicht-öffentlicher Sitzung. Die Rede ist vom Krieger-Ehrenmal, das einst die „Kriegerkameradschaft Dörlinbach“ zum ehrenden Gedenken an die vermissten und gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs mitten im Dorf errichten ließ. Ausführliche Infos zum Ehrenmal und dem aus dem Ortsbild verschwundenen „Soldaten“ gibt es im Blog-Beitrag „Das Krieger-Ehrenmal“ vom 10. März 2021. Verschwunden aus dem Ortsbild ist auch jene in Sandstein gegossene Zieglerhofbäuerin, die bei der öffentlichen Brunnenanlage beim Zieglerhof (heute: Ziegelhof) so manchen Wanderer und Radfahrer in Verwirrung brachte. Denn das Kernstück der Anlage – eine lebensgroße Figur als Brunnenstock – war der Alt-Bäuerin des Zieglerhofs Erika Griesbaum (geborene Fehrenbacher / Jahrgang 1943) nicht nur nachempfunden, sie wurde auch angemalt worden. So realistisch, dass von Weitem nicht alle gleich erkannten, dass hier keine echte Bäuerin am Brunnentrog steht. Inzwischen wurde die „bunte Bäuerin“ durch eine Bronzefigur ersetzt. Weitere Infos dazu unter den Blog-Beiträgen „Brunnendorf Dörlinbach“ vom 10. April 2021 sowie „Odyssee einer Bäuerin“ ebenfalls vom 10. April 2021.

Veröffentlicht am 17. April 2022 / red

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

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