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Derlebacher G’schichtle Folge 30

Lesedauer: 3 Minuten

Das Spektakel einer simulierten Katastrophe

Es war an einem stimmungsvollen Samstagabend im März 1985, als unser Dorf in Aufregung versetzt wurde. Um genau 17.42 Uhr durchbrach ein ohrenbetäubender Alarm die Stille, und etliche Dorfbewohner und Dorfbewohnerinnen wurden aus ihrer entspannten Abendroutine gerissen. Eine kleine Passagiermaschine soll in einem Waldstück oberhalb des Wanglerhofs abgestürzt sein.

Derlebacher Gschichtle Folge 30
Jeder, der dem Ganzen auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit schenkten konnte, war sofort an den Fenstern und Türen versammelt, die Augen weit aufgerissen vor Schreck und Neugier. Das Blaulichtgewitter der Einsatzfahrzeuge erhellte das Dorf. Doch der Schreck wich schnell. Denn: Wo blieb die Feuerwehr? Das Aufgebot der Rettungskräfte erschien auf einmal unvollständig, denn die Feuerwehrfahrzeuge blieben im sicheren Hafen ihrer Garage.
Derlebacher Gschichtle Folge 30
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Derlebacher Gschichtle Folge 30
Die verwirrten Gesichter der Zaungäste ließen darauf schließen, dass hier etwas anderes im Gange sein musste. Alsbald stellte sich heraus, dass es sich nicht um einen echten Flugzeugabsturz handelte. Es war lediglich eine Übungsannahme für den Abschluss Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines dreimonatigen Erste-Hilfe-Kurses. Alle fokussierten Rotkreuzhelfe und -helferinnen aus Dörlinbach waren mit äußerster Professionalität und Enthusiasmus dabei, und der zunächst schockierte Dorflärm wurde zum Hintergrundrauschen einer beeindruckenden Rettungsübung. Als die Einsatzkräfte an der simulierten Absturzstelle eintrafen, begann das hektische Treiben. Mit präziser Effizienz errichteten sie am Waldrand Zelte und Feldbetten, während andere mutig in das Unterholz vordrangen, um nach den vermeintlichen Überlebenden der fiktiven Tragödie zu suchen. Das abendliche Dämmerlicht ließ die Szenerie fast realistisch wirken und zog viele Schaulustige aus dem Dorf an, die nun gespannt dem Spektakel der Rettungsübung beiwohnten. Die Zaungäste waren beeindruckt und fasziniert zugleich von der darstellerischen Kraft der 17 Einsatzkräfte, die unter Zeitdruck arbeiten mussten. Da gab es Schwerverletzte mit Fußabriss, Schlagaderaufriss und sogar einen offenen Brustkorb zu verarzten – und das war nur ein kleiner Teil des Szenarios, das die geschulten Hände der Ersthelferinnen und -helfer bekämpfen mussten. Ein wahrer Spezialist für die realistische Darstellung der Verletzungen war Werner Göppert vom DRK-Zug Schweighausen, dessen Zureden und Anweisungen an die Helfer den Ernst der Lage unterstrichen. Nach nahezu zwei Stunden atemloser Anspannung war das Spektakel schließlich um 19.13 Uhr zu Ende und zurück blieb nicht nur der Geruch von frischem Holz und ein Hauch von Desinfektionsmittel, sondern auch erfüllte Gesichter und lobende Anerkennung. In der sich anschließenden obligatorischen Manöverkritik fand das Trainerteam um die Übungsleiter Helmut Völker und Johannes Ketterer, die erst kurz zuvor in Bad Dürkheim einen Ausbilderlehrgang mit Bravour bestanden hatten, nur lobende Worte für ihre ersten eigenen Kursabsolventen und -absolventinnen. Auch Bereitschaftsarzt Siegfried Hänselmann war hellauf begeistert von der Fitness und dem Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer – ein aufregender Abend, der allen in Erinnerung bleiben würde.
Ort blieb bislang von Abstürzen verschont
Ort blieb bislang von Abstürzen verschont Glücklicherweise war der Ort Dörlinbach bis dato von einem echten Flugzeugabsturz verschont geblieben. Nur die alten Geschichten aus dem Zweiten Weltkrieg hallten aus längst vergangenen Tagen: Ein Absturz auf der Dörlinbacher Gemarkung, weit entfernt vom Dorf, und ein zerstörerischer Brand auf dem Eblehof im Prinschbach – nicht durch Brandbomben, wie man anfangs dachte, sondern durch den unerwarteten Aufprall eines abgeworfenen Bezintanks.

Veröffentlicht am 25. August 2022 / red

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