In Dörlinbach beteiligten an jenem 2. Dezember 1973 knapp 56 Prozent an der Abstimmung. Das Votum fiel sehr deutlich zu Gunsten der neuen Gemeinde aus. In Stimmen ausgedrückt: 311 mal „Ja“ und 16 „Nein“.
Einigung auf neuen Namen nicht möglich
Bei der Namensfindung für die neue Gemeinde gab es übrigens mehrere Vorschläge. Unter anderem wurde damals auch St. Anton vorgeschlagen. Andere meinten hingegen, es könnte vielleicht aus Wortteilen der drei Ortsnamen ein neuer Name kreiert werden. Aber im Gegensatz zu Ried-Gemeinden wie Schwanau oder Neuried, die sich ebenfalls im Zuge der Gemeindereform neu formierten, konnten sich Dörlinbach, Schuttertal und Schweighausen auf keinen neuen Ortsnamen einigen. Und so kam es, dass am 1. Januar 1974 die bisher selbstständige Gemeinde Dörlinbach ein Ortsteil der neuen Gemeinde Schuttertal wurde. Für manchen vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, zumal die neue Gemeinde Schuttertal im gleichnamigen Schuttertal auch noch einen Ortsteil Schuttertal hatte. Und dieser war nicht einmal zum Hauptsitz der Verwaltung erkoren worden. Dieses Privileg hatten letztlich die Dörlinbacherinnen und Dörlinbacher bekommen, da deren Ortsteil in der Mitte der drei bisher selbstständigen Gemeinden liegt. Dafür aber wurde Schuttertals bisheriger Bürgermeister Bernhard Himmelsbach (Jahrgang 1940) auch Bürgermeister der neuen Gesamtgemeinde Schuttertal. Der damalige Dörlinbacher Bürgermeister Josef Billharz (1911 bis 2004) ging in den Ruhestand, Schweighausens Bürgermeister Horst Griesbaum (Jahrgang 1939) wurde Ratsschreiber (Hauptamtsleiter).
Kaum zusammen fand also das große Fest anlässlich der erstmaligen urkundlichen Erwähnung von Dörlinbach vor 750 Jahren statt (siehe dazu auch die Blog-Beiträge „Das Dörlinbacher Wappen vom 1. Februar 2021 und „Wie alt ist Dörlinbach wirklich?“ vom 16. März 2021). Aber in Dörlinbach gab es im Jubiläumsjahr 1975 noch keine eigene Halle. Zu deren Bau kam es erst neun Jahre später. Und das Festzelt wäre einer solchen Feierlichkeit nicht würdig gewesen. So kam es, dass der Festakt in der Pfarrkirche St. Johannes stattfand. Im katholischen Gotteshaus fanden sich neben der gesamten Lokalprominenz auch politische Vertreter aus Kreis, Land und Bund ein. Musikalisch gestaltet wurde der Festakt von der Trachtenkapelle Dörlinbach sowie dem Practorius-Bläser-Quintett aus Freiburg. Als Schirmherr des Jubiläums fungierte der damalige Landrat Gerhard Gamber (1927 bis 2008). Den Festvortrag über die geschichtliche Entwicklung Dörlinbachs hielt Schuttertals Heimatforscher und Denkmalpfleger Gerhard Finkbeiner (1940 bis 2009). Anlässlich des Dorfjubiläums verfasste Finkbeiner auch die Festschrift „750 Jahre Dörlinbach 1225 – 1975“. Sicherlich einer der herausragenden Momente des viertägigen Festes. Dazu zählte aber auch die Einweihung einer „Dorfstube“ im Alten Schulhaus. Die Übergabe erfolgte durch den damaligen Oberschulrat Kurt Klein aus Hausach. Hervorzuheben gilt auch eine 130 Bilder umfassende Kunstausstellung zum Thema „Unsere Landschaft aus Sicht des Künstlers“ in der Neuen Schule. Eröffnet wurde die Ausstellung von Rudolf Ritter, dem Schriftleiter des Jahrbuchs „Geroldseckerland“. Ein weiterer Höhepunkt dieser Festtage war die Einweihung des Klosterhofbrunnens auf dem Sandplatz.
Der absolute Höhepunkt war jedoch der Festumzug am Sonntag, 24. August 1975, der damals in der Region einzigartig war. Denn da hatten sich die Dörlinbacherinnen und Dörlinbacher mächtig ins Zeug gelegt. Die örtlichen Vereine als auch Berufsgruppen zeigten eindrucksvoll Ausschnitte aus Vergangenheit und Gegenwart aus dem Schuttertäler Kulturraum. Dazu gehörten unter anderem ein Hochzeitslader samt dem Hochzeitspaar. Sämann, Garben-Wagen sowie „Flegeldrescher“-Wagen, wo man zeigte wie einst mühsam das Korn gewonnen werde musste, durften ebenso wenig fehlen, wie Heuwagen, Mistwagen oder Trotterei-Wagen. Weitere Themen waren das Brennen von Schnaps, die Jägerei, die Feldschmiede, die Holzhauerei, der Schweinemarkt, die Steinhauerei, die Spinnerei, das Brot backen sowie Dengeln und Mähen. Präsentiert wurden auch das Schneiderhandwerk, ebenso das Schusterhandwerk und die Kunst des Fertigen von Strohschuhen. Dargestellt wurde unter anderem auch der Brauch des Neujahransingens (siehe dazu auch Blog-Text „Dörlinbacher Neujahrslied“ vom 15. Januar 2021) als auch das früher weit verbreitete und vor allem in den Wirtshäusern beliebte Kartenspiel Cego (auch „Zego“). In Miniatur war zudem die alte romanische Kapelle von 1132 dabei, die leider 1922 dem Neubau der heutigen Pfarrkirche weichen musste. Ebenso zu sehen war auch die alte Mühle. Die Feuerwehr hatte ihre alte Spritze aufpoliert und ganz zum Schluss gab es sogar einen Stammtisch-Wagen. Aufgelockert wurde der historische Festzug durch Musikvereine aus den Umlandgemeinden.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auf einem Wagen sogar der Tod des heiligen Landelins dargestellt wurde. Landelin (auch Landolin) war ein irischer Mönch, der zu Beginn des siebten Jahrhunderts in die Ortenau kam. Der Überlieferung nach wurde der christliche Missionar um das Jahr 640 von einem heidnischen Jäger ermordet. In der Nähe seines Grabes entstand eine kleine Mönchssiedlung und später das Kloster Ettenheimmünster, von wo aus um 900 herum das hintere Schuttertal missioniert wurde. In diesem Zuge entstanden die Siedlungen Dörlinbach und Schweighausen.
Veröffentlicht vom 1. April 2021 / red
0 Kommentare