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Derlebacher G’schichtle Folge 43

Lesedauer: 3 Minuten

Der Leichenbitter – Ein Relikt aus alten Zeiten

In unserer fortlaufenden Reihe über die Sitten und Bräuche in Dörlinbach haben wir bereits viel Spannendes erforscht. Doch heute wollen wir uns mit zwei ganz speziellen Begriffen auseinandersetzen, die nicht nur Geschichtsträchtigkeit, sondern auch einen Hauch von Nostalgie versprühen: dem „Leichenbitter“ („d' Lichtebätter“) und dem mysteriösen „Leimendale“.
Derlebacher Gschichtle Folge 43
Habt ihr schon einmal von einem „Leichenbitter“ oder einer „Leichenbitterin“ gehört? In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war es in Dörlinbach Brauch, solche Personen zu beauftragen, wenn ein Todesfall in der Dorfgemeinschaft eintrat. Mit viel Respekt und dem richtigen Maß an Ernsthaftigkeit machte sich der Leichenbitter auf den Weg, um von Haus zu Haus zu gehen. Ihre Aufgabe war es, den Tod des Mitbürgers oder der Mitbürgerin sowie die Details zur bevorstehenden Beerdigung bekanntzugeben.
Derlebacher Gschichtle Folge 43
Außenwandgemälde in der Brandhalde (Anwesen Kaspar). Hans Buschs Erstlingswerk an Dörlinbachs Hauswänden, das er im August 1975 fertigstellte.
Derlebacher Gschichtle Folge 43
Klar, in unserer digitalisierten Welt gehört dieser Brauch längst der Vergangenheit an. Stattdessen erhalten wir traurige Nachrichten heutzutage oft über WhatsApp oder andere soziale Medien – schnell und unkompliziert. Ein Überbleibsel aus der alten Tradition ist jedoch der Aushang an der Kirche. Obwohl dieser immer noch im Eingangsbereich hängt, hat er seine frühere Bedeutung als Informationsquelle verloren. Der Leichenbitter bekam für seine Mühen in jedem Haus einen oder mehrere Groschen, und bei Bauernfamilien gab's manchmal sogar eine kleine Gabe in Form von Naturalien für die Überbringung dieser Trauerbotschaft. Es war eine Art stille Dankbarkeit, die zeigt, wie eng das Dorfleben miteinander verwoben war.
Leimendale – Der Ort des Gedenkens
Nun kommen wir zu einem weiteren Begriff, der nicht nur in unseren Ohren schön klingt, sondern auch eine tiefere Bedeutung trägt: „Leimendale“. Diesen Namen fanden unsere Vorfahren für den Bereich des Friedhofs, wo die Gräber ihrer Lieben standen. Zu bestimmten Tagen, insbesondere Allerheiligen und Allerseelen, wurde dieser Teil des Friedhofs mit besonderer Hingabe geschmückt. Die Angehörigen verbrachten kurze, aber ehrwürdige Momente betend an den Ruhestätten der Verstorbenen auf der „Leimendale“. Obwohl diese Tradition weiterhin gepflegt wird, könnte das Wort „Leimendale“ heutzutage kaum noch jemandem geläufig sein. Dennoch spiegelt es die tiefe Verbundenheit der Menschen mit ihren Verstorbenen wider und erinnert uns daran, wie wichtig es ist, den Erinnerungen Raum zu geben.

Veröffentlicht am 20. Juli 2024 / red

Visuelle Impressionen zur Geschichte:

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